Zum Internationalen Tag der Behinderten am 3. Dezember „Wir wünschen uns mehr Wertschätzung“

TÖNISVORST · Gespräch mit Impuls-Mtarbeitern für Garten- und Landschaftsbau, die sich qualifizieren und für eine Prüfung lernen.

 Beim Impuls-Team GaLa (v.li.:) Herbert Inderhees, Cord Arlinghaus, Gruppenleiter Markus Drieschner, Berufsbildungsbegleiter Frank Maaßen und Ali Osman Kaya.

Beim Impuls-Team GaLa (v.li.:) Herbert Inderhees, Cord Arlinghaus, Gruppenleiter Markus Drieschner, Berufsbildungsbegleiter Frank Maaßen und Ali Osman Kaya.

Foto: HPZ

Im Seminarraum bei Impuls hat man die Lernsequenz zum „Qualifizierungsbaustein Gehölzschnitt“ kurz für das Interview unterbrochen. Am 12.Dezember ist Prüfungstermin vor einer externen Kommission aus Landwirtschaftskammer NRW und HPZ-Gruppenleiter. Noch sind alle gelassen, aber schon ein bisschen aufgeregt wegen des Interviews. Ja, vom Internationalen Tag der behinderten Menschen haben sie schon mal gehört. Eher vage. Nein, sie fühlen sich nicht verletzt wegen des Begriffs „Mensch mit Behinderung“. Obwohl – eigentlich wäre es netter „Mensch mit Einschränkung“ zu sagen.  Aber, ob das wirklich etwas an den Tatsachen ändert?

In den Impulswerkstätten für psychisch erkrankte Menschen fühlen sich alle, die sich gerade mit ihrem Gruppenleiter im Berufsbildbildungsbereich Garten- und Landschaftspflege (abgekürzt GaLa) Markus Drieschner auf ihre Prüfung vorbereiten, wohl. „Impuls hilft uns viel weiter“, sagt Ali Kaya, 30 Jahre, der schon seinen vierten Qualifizierungsbaustein in der GaLa absolviert. Impuls ist der Werkstattbereich des HPZ, der psychisch erkrankten Menschen unterschiedlich anspruchsvolle Arbeitsplätze anbietet: von einfachen Routinearbeiten, um nach längerer Auszeit wieder in Tagesstrukturen zurückzufinden bis hin zu anspruchsvollen Tätigkeiten in der Offset-Druckerei, Buchbinderei oder auch der GaLa.

Auf die Frage, was sich die Impuls-Mitarbeiter von einem Tag erhoffen, bei dem sie im Fokus stehen, sagt Cord Arlinghaus spontan: „Ich möchte, dass wir nicht immer so schräg von den Leuten außerhalb angeguckt werden. Vor allem junge Leute rufen: ‚du bist ja behindert‘“. Die andern nicken zustimmend. Die einzige Frau im Qualifizierungsteam möchte weder genannt noch fotografiert werden. Das wird akzeptiert bei Impuls. Arlinghaus denkt darüber nach, ob es gut ist, wenn er seinen Namen nennt, weil „es“ dann alle wissen. Das sieht Herbert Inderhees, 57, Jahre anders: „ Wir müssen einfach mehr zeigen, was wir drauf haben. Schließlich arbeiten wir hier richtig. Fällen Bäume, pflegen riesige Rasenflächen auf Sportplätzen, machen Pflasterarbeiten und vieles mehr in Tönisvorst, Krefeld und in Kempen. Das ist doch kein Pillepalle.“

Das sieht auch der Gruppenleiter und Coach Markus Drieschner so: „Es herrscht viel Unwissenheit und Unsicherheit gegenüber Menschen mit einer Behinderung. Sie sind keine Menschen zweiter Klasse. Alle machen hier ihre Arbeit gut, und wir von Impuls sind auch absolut keine Aufbewahrungsanstalt. Im Gegenteil. Die GaLa-Teams sind an nahezu allen Standorten des HPZ auch mit schwerem ­ Gerät bis hin zu Motorkettensäge und Traktorrasenmäher ausgestattet. Das verlangt auch Schulungen und Wissen der Mitarbeiter in den Teams. Daher arbeiten im Berufsbildungsbereich zur Zeit elf Mitarbeiter, davon zwei Frauen, wie Frank Büttgenbach-Maaßen berichtet. Er ist Berufsbildungsbegleiter im HPZ und kümmert sich darum, dass die Mitarbeiter nicht nur in unterschiedlichen Berufsbereichen, sondern auch in ihren beruflichen, sozialen und persönlichen Kompetenzen weitergebildet werden.

In der theoretischen und praktischen Prüfung müssen die Prüflinge ihr Können vor einer Kommission aus externen und internen Prüfern unter Beweis stellen. Alle Mühe, das Engagement und die Mühe lohnten sich, wenn man Ende in einer Feierstunde das Zertifikat ausgehändigt bekomme.

Ali Kaya, der mittlerweile seinen vierten Qualifizierungsstein baut, erzählt ebenso stolz davon wie Herbert Inderhees, der den ersten erworben hat. Der 57jährige hat eine nicht untypische Leidensgeschichte durchlebt: Über 30 Jahre war er Disponent einer Spedition, bis diese Konkurs anmeldete und er seine Arbeit verlor.  Es folgten 15 Monate  Arbeitslosigkeit, fünf bedrückende Hartz-IV-Jahre, bis ihm ein Arbeitsplatz bei Impuls empfohlen wurde. „Hier hat sich mein Leben positiv verändert. Gute Kollegen, nette Gruppenleiter. Dazulernen macht mir Spaß. Mein Selbstwertgefühl wächst wieder. Ich bekomme wieder das Gefühl, was zu schaffen und die Sicherheit: du kannst was schaffen.“

Cord Arlinghaus musste seine erste Qualifizierungsprüfung wegen einer längeren Erkrankung unterbrechen. Er kann sie nun wiederholen. Er ist motiviert, es im zweiten Anlauf zu schaffen. Die pädagogischen Kräfte von Impuls unterstützen ihn dabei. Markus Drieschner, Gruppenleiter Berufsbildungsbereich GaLa: „Da sind wir mit unseren Werkstätten glatt im Vorteil. Bei uns zählt die Menschlichkeit. Dennoch fiebere ich bei jeder Prüfung mit, obwohl ich in die Leistung meiner Prüflinge vertrauen kann. Am Ende staune ich immer wieder, was für einen Entwicklungsschub so ein Qualifizierungsbaustein auslöst. Man kann sich hier Stein für Stein ein Erfolgstreppe bauen.“

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