Tönisvorst Mertenshof: Unsichere Zukunft für die "gute Stube"

Tönisvorst · Politik und Rathaus warten ab, was aus dem geschlossenen "Mertenshof" wird. Auch die Dehoga schaut aus der Ferne zu.Dabei geht es um die Frage, ob die Gastronomie erhalten bleiben soll oder dort auch Wohnungen denkbar sind.

 Der Mertenshof Anfang November.

Der Mertenshof Anfang November.

Foto: Kaiser, Wolfgang (wka)

Seit 1. November sind Hotel und Restaurant Mertenshof an der Kirchstraße mitten im Zentrum von St. Tönis geschlossen. Auf der Internetseite sind nur ein Hinweis auf die Schließung des Hauses und eine Telefonnummer zu finden. Sowohl Pächterin Petra Zachau-Jansen, die einen Vertrag bis 2019 hat, noch Besitzerfamilie Heckmann aus Kempen haben sich damals erklärt. Inzwischen sind die Räume gänzlich leer geräumt.

Wirichs dementiert einen Kauf

In der Zwischenzeit hatten zwei Gastronomen aus St. Tönis Interesse am Mertenshof bekundet. Die beiden erfahrenen Unternehmer können sich gut vorstellen, Restaurant und Hotel als Pächter zu betreiben. Allerdings müsse dafür erst der Brandschutz auf dem neuesten Stand sein, hieß es. Neu war die Information im Umlauf, die Familie Wirichs habe die Immobilie gekauft oder habe Interesse, das Haus zu kaufen. Doch das Büro von Anne Wirichs-Doetsch und Sabine Wirichs gibt ein klares Dementi ab. Man habe das Haus nicht erworben.

Damit bleibt die Zukunft des Hauses weiter ungewiss. Da in der Vergangenheit auch bereits von einer Zwangsversteigerung im März gesprochen wurde, ist ein Besitzerwechsel beim Mertenshof durchaus nicht abwegig. Und ein neuer Investor kann durchaus andere Interessen mitbringen, als an dieser altbekannten Adresse, der sogenannten guten Stube der Stadt, ein Hotel und Restaurant zu führen. Hochwertiges Wohnen in der Innenstadt im historischen Ambiente wäre durchaus ein lukratives Thema — für einen Investor. Aber ist es auch für die Stadt so?

Streitpunkt Brandschutz

Auch wenn in Tönisvorst vieles gerne hinter verschlossenen Türen und nichtöffentlich behandelt wird, scheinen Politik und Verwaltung beim Thema Mertenshof eher zuzuschauen und abzuwarten als selber aktiv zu werden. Die Entwicklung wird dem Markt überlassen. Bereits vor zwei Jahren hatte die Stadt es bewusst abgelehnt, Teile der Immobilie zu übernehmen. Auch der Branchenverband Dehoga wartet ab. Dort weiß man nichts Neues, und wer Mitglied des Verbandes sei, dürfe aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt werden.

Streitthema beim Mertenshof war immer schon der Brandschutz. Das Haus wurde 1989 grundlegend modernisiert, weitere Umbauten erfolgten 2005 und 2009. Zuletzt wurde das Hotel 2011 kernsaniert. Bereits 2007 hatte es mit der Brandschau des Kreises eine Begehung der historischen Räume gegeben. Dabei wurden nicht eingehaltene Bestimmungen bemängelt. Nach einem Brandschutzkonzept sollen zwar einige erforderliche Maßnahmen nach und nach umgesetzt worden sein, aber nicht vollständig. Zuletzt fehlte die TÜV-Abnahme für die Brandmeldeanlage. Nach Auskunft der Stadt gab es eine Frist bis zum 15. November 2013, die Schließung des Betriebes kam dem zuvor.

Nicht irgendeine Immobilie

So traurig das alles alleine schon ist, bleibt der Mertenshof nicht irgendeine Immobilie, bei der egal ist, was daraus wird — ob dort Luxuswohnungen entstehen, ein Seniorenstift residiert oder ein Biergarten einlädt. Nach der City-Analyse 2013 von IHK und Einzelhandelsverband werden an St. Tönis der gemütliche Dorfcharakter gelobt, die Kinderfreundlichkeit, Erreichbarkeit der Innenstadt und ausreichend kostenlose Parkplätze. Auch wenn in dieser Analyse explizit nicht von Gastronomie gesprochen wird, empfiehlt sie, das Profil der Stadt zu schärfen. Ansatzpunkte seien Sport, Familie und Atmosphäre.

Doch was ist für die Innenstadt wünschenswert und was ist machbar? Die CDU denkt über den Vorschlag der Parteijugend nach, in der Innenstadt kostenloses WLAN für die Internetbenutzung anzubieten. Auch wünscht sich jeder eine lebendige Gastronomieszene. Auf der anderen Seite hat die Gastronomie mit der wirtschaftlichen Lage zu kämpfen. So hat der Umsatz der Gastronomie in NRW von 2011 auf 2012 real um einen Prozentpunkt abgenommen, bei Kneipen noch deutlicher um 3,4 Prozentpunkte. Auch die neuesten Zahlen weisen nach unten. So ist der Umsatz im dritten Quartal 2013 nach dem Zahlenspiegel der Dehoga bundesweit real um 1,4 Prozent zurückgegangen, in Kneipen sogar um 6,6 Prozent.

(WS03 hb)
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