Tönisvorst Konzession: Stadtrat verbrennt Geld

Tönisvorst · Rat hebt nach Gerichtsurteil eigenen Beschluss auf und schreibt Konzession für Stromleitungen neu aus.

 Meistens sind die Stromkabel unter den Straßen und Bürgersteigen verborgen. Die Gebühren, die für das Durchleiten von Strom bezahlt werden müssen, landen letztendlich auf den Rechnungen aller Stromkunden.

Meistens sind die Stromkabel unter den Straßen und Bürgersteigen verborgen. Die Gebühren, die für das Durchleiten von Strom bezahlt werden müssen, landen letztendlich auf den Rechnungen aller Stromkunden.

Foto: UMI

In Sachen Konzession für das Stromnetz der Stadt Tönisvorst hat der Stadtrat am Mittwoch seinen Beschluss vom 25. September aufgehoben und die Vergabe neu ausgeschrieben. Notwendig wurde dieses Procedere durch eine Einstweilige Verfügung, die das Landgericht Düsseldorf am 11. Dezember erließ. Nach der Entscheidung der Düsseldorfer Richter war es der Stadt Tönisvorst verboten, einen Konzessionsvertrag für das Leitungsnetz der Stadt ab dem 1. April 2015 abzuschließen, bis in einem neuen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes durchzuführenden Auswahlverfahren über die Vergabe der Konzession neu entschieden worden sei.

Mit der Entscheidung des Rates in nichtöffentlicher Sitzung verzichtet die Stadt auf eine Berufung beim Oberlandesgericht und erkennt das Urteil, das dem Stadtrat Willkür bescheinigt, an. Nach der Einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Düsseldorf ließ sich die Stadtverwaltung durch einen Rechtsbeistand beraten. Schon die Bewertung der Bewerber sollte vorher ein unabhängiger Dritter durchführen. Damit war die Kommunalagentur NRW in Düsseldorf beauftragt worden. Diese GmbH ist ein Dienstleistungsunternehmen des Städte- und Gemeindebundes NRW. Allein dieses Verfahren dürfte mehrere Tausend Euro gekostet haben, der Rechtsexperte wird ebenso nicht billig sein. Dieses Geld hat der Stadtrat in den Sand gesetzt, weil jetzt - durch äußeren Druck - das Vergabeverfahren neu ausgeschrieben werden muss.

Bei der Konzession geht es um die Frage, wer in den nächsten 20 Jahren die Stromleitungen im Boden der Stadt Tönisvorst betreiben darf, unabhängig davon, wer den Strom an die Abnehmer liefert. Die Durchleitungskosten machen ein Millionengeschäft aus, geschätzt handelt es sich um 20 bis 30 Millionen Euro. Im ersten Vergabeverfahren gab es nur zwei Bewerber: die NEW Tönisvorst, eine Tochter der NEW AG aus Mönchengladbach, und die SWK Netze der Stadtwerke Krefeld (SWK) AG aus Krefeld. Die ursprüngliche Entscheidung für die SWK wurde in der September-Ratssitzung auf NEW gedreht. Gegen das Vorgehen klagten die Stadtwerke Krefeld und erhielten Recht. Das hieß aber nicht, dass sie automatisch den Zuschlag doch noch bekommen. Vielmehr muss das Verfahren neu ausgeschrieben werden. Beide Bewerber wollen weiterhin mitbieten. Ob ein dritter Bewerber dazukommt, bleibt abzuwarten, ist aber eher unwahrscheinlich.

Wie konnte es zu diesem Desaster kommen? Eigentlich wollte man alles richtig machen. Im Bau-, Energie-, Verkehrs- und Umweltschutz (BEVU) unter Vorsitz von Helge Schwarz (SPD) wurde ein Kriterienkatalog erarbeitet, nach dem den Bewerbern in verschiedenen Fragen Punkte vergeben wurden. Und um das Verfahren unanfechtbar zu machen, sollte nicht die eigene Verwaltung, sondern die unabhängige Kommunalagentur NRW die Punktevergabe vornehmen. Im entsprechenden Ratsbeschluss verpflichteten sich die Politiker, das so zustande gekommene Ergebnis anzuerkennen und zu übernehmen. Das Ergebnis fiel denkbar knapp aus, die SWK lag knapp vor NEW. In der Ratssitzung im September passierte dann der Sündenfall: Anders als im früheren Ratsbeschluss vorgesehen, wurde das Ergebnis nicht akzeptiert. Durch das knappe Ergebnis ermutigt, wurden jetzt einzelne Kriterien des Beurteilungsverfahrens neu bewertet. So rutschte NEW nach vorne. Das Verfahren jetzt neu auszuschreiben, hat der Umstand erleichtert, dass der juristischen Expertise nach auch das Auswahlverfahren der Kommunalagentur angreifbar gewesen sei, also auch ohne gerichtliche Verfügung hätte wiederholt werden müssen - wenn die Energiekartellbehörde geprüft hätte. Jetzt wird die Vergabe neu ausgeschrieben, mit weiterer juristischer Begleitung. Die Konzessionsgebühren werden den doppelten Aufwand verschmerzen lassen.

(RP)
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