Tulpensonntagszüge in St. Tönis und Anrath Karnevalisten trotzen Wind und Regen

Während in vielen Orten in der Umgebung die Tulpensonntagszüge wegen des Sturms abgesagt wurden, fanden die Züge in St. Tönis und Anrath statt. Das Wetter war zwar ungemütlich, aber die Laune hier wie dort gut.

Fotos: Karneval 2020 - so feiern die Jecken in Anrath
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So feiern die Jecken in Anrath 2020

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Foto: Marc Schütz

„In Sturm und Wetter ist Gott der Retter“, so prangt es an der Streuff-Mühle im Herzen von St. Tönis. Ob es Gottvertrauen war oder eine zielgenaue Wettervorhersage: Nervenstärke bewies die Zugleitung des traditionellen Tulpensonntagszugs, der jährlich durch St. Tönis zieht. Obwohl ringsum reihenweise Karnevalsumzüge und öffentliche Großveranstaltungen abgesagt wurden, hielten Sarah Rütten und Michael Orlowski, die in diesem Jahr erstmals die Zugleitung übernommen hatten, an der Durchführung fest.

Eine Entscheidung, die sich letzten Endes als richtig erwiesen hat. Denn Sturm und Regen hatten sich zu Beginn des Zuges um 14.11 Uhr so weit reduziert, dass der närrische Lindwurm ohne Gefahr für Leib und Leben aller Beteiligten durch die Straßen von St. Tönis schlängeln konnte. Nur eingefleischte Karnevalsfans hatten zuvor in Hauseingängen, Durchfahrten, gut verzurrten Pavillons und an windgeschützten Plätzchen das Kommen des Zugs erwartet. So wie Dorothea Köhler, deren Enkelkind Brian Kinderkarnevalsprinz ist. Ina Braun wollte unbedingt ihre Freundinnen bei der Tanzgarde sehen und hatte gleich die ganze Familie im Schlepptau. Als der Zug dann nahte, freuten sich die wenigen Kinder umso mehr über die reiche Ausbeute, die ihnen zuteil wurde. Die Teilnahme abgesagt hatte die große Gruppe vom Tönisvorster Michael-Ende-Gymnasium. „Dafür haben wir aber noch spontan vier oder fünf Gruppen aus Viersen aufgenommen, wo der Zug heute ausfiel“, berichtete Sarah Rütten.

Damit war der Zug sogar noch etwas länger als geplant, die Stimmung war eh prima. Gut hatte es, wer ein Dach über dem Kopf hatte. Ansonsten waren durchsichtige Plastikplanen der Look des Tages. Darunter schimmerten fantasie- und liebevoll gestaltete Kostüme der tapferen Fußgruppen hervor, wie die Pommestüten auf zwei Beinen, oder die Quallen mit ihren beleuchteten Hüten. Wandelnde Pilsgläser mit schaumigen Perücken beklagten das Aussterben der Kneipe um die Ecke. Eine Musikgruppe hatte sich praktischerweise in plüschige Ganzkörperanzüge in Bonbonfarben gehüllt. Das erste weibliche Dreigestirn Tönisvorsts jedenfalls ließ sich augenscheinlich vom Wetter nicht die Freude verderben. Silke, Erika und Kathrin ließen zu den Helau- und Klappertüüt-Rufen reichlich Kamelle vom liebevoll bemalten Prunkwagen aufs närrische Volk hinabregnen.

Bangen mussten zunächst auch die Anrather Narren, ob der Zug denn stattfinden konnte. Er konnte! Das entschieden Veranstalter, Stadt, Feuerwehr und Polizei am Sonntagmorgen. Am Ende gab es denn auch keine besonderen Vorkommnisse. Trotz des äußerst usseligen Wetters zogen die Teilnehmer diesmal auf einer baustellenbedingt etwas anderen Strecke ab 13.11 Uhr durch das Ortszentrum. Allerdings erst, nachdem Ordnungsamtsleiter Stephan Dams und seine Mitarbeiter sich die Wagen und deren Aufbauten noch mal genau angeschaut und hier und da ein paar Änderungen verfügt hatten. So montierten die Freunde von „Anrath United“ kurzerhand noch ein paar Pappschilder ab, damit diese den Zuschauern am Straßenrand nicht um die Ohren fliegen konnten.

Ganz so viel los wie in regenfreieren Jahren war an den Straßenrändern zwar nicht. Aber die, die trotzdem gekommen waren, sorgten mit den rund Zug-Teilnehmern der 30 Gruppen für gute Stimmung. Vor allem rund um den Anrather Kirchplatz war wieder Party angesagt, wobei das Ordnungsamt dort kontrollierte, ob sich alle ans Glasflaschenverbot hielten. „Zwei Gruppen haben wegen des Wetters leider kurzfristig abgesagt, aber insgesamt ist es ein gutes Jahr, was die Anzahl der Teilnehmer angeht“, sagte Philipp Koszlowski, Pressesprecher des Karnevalszugvereins „Aach Blenge“, der den Tulpensonntagszug nun schon zum 51. Mal organisiert hatte.

Die fantasievollen Kostüme der Jecken waren diesmal leider zum Teil unter Regencapes verborgen, doch auch so wurde deutlich, dass man sich viele Gedanken gemacht und Mühe gegeben hatte. Die Saunafreunde Anrath hatten sich im Stil der 20er-Jahre angezogen, die Wandergruppe erinnerte an die Disco-Zeit der 70er und wünschte sich für Anrath wieder einen Platz, an dem man feiern kann. Denn eine Disco gibt es hier nicht mehr.

Einige Hingucker gab es auch bei den Wagen. So führte die Willicher Prinzengarde ihren neuen Wagen in Form eines Schiffs aus, den sie vom Prinzen von Hannover übernommen hat, wie Kommandeur Uwe Arndt stolz verriet.

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