Kabarett zwischen den Jahren Alltagswahnsinn im Haus Vorst

Vorst · Der Krefelder Kabarettist Rüdiger Höfken brachte zum „Kabarett zwischen den Jahren“ drei Kollegen mit. In ihrer Unterschiedlichkeit gestalteten sie einen sehr abwechslungsreichen Abend.

 Der Krefelder Kabarettist Rüdiger Höffken hatte drei Gäste ins Haus Vorst mitgebracht.

Der Krefelder Kabarettist Rüdiger Höffken hatte drei Gäste ins Haus Vorst mitgebracht.

Foto: Norbert Prümen (nop)

Das „Kabarett zwischen den Jahren“ im Haus Vorst war auch in diesem Jahr wieder ausverkauft. Die Mischung zwischen Kulinarik und Unterhaltung, organisiert vom Stadtkulturbund Tönisvorst, kommt beim Publikum offensichtlich bestens an. Bereits etablierter „Hauskabarettist“ ist Rüdiger Höfken vom Krefelder Wohnzimmertheater Podio. Und der hatte dieses Mal gleich drei Kollegen eingeladen, die in ihrer Unterschiedlichkeit einen sehr abwechslungsreichen Abend gestalteten.

Wer ihn kennt, weiß, dass Rüdiger Höfken regelmäßig mit den Folgen des Älterwerdens hadert. 54 sei er in diesem Jahr alt geworden, erfährt das Publikum, damit sei er bereits dreimal volljährig. Er erinnerte sich daran, dass er 1983 zum ersten Mal wählen durfte. Damals erzielte die SPD 38,2 Prozent. „Die wären bei diesem Ergebnis heute vier Jahre lang sturzbesoffen“, so Höfkens nüchterne Einschätzung. Sein Warm-up für die Kollegen befasste sich mit diversen Arten von „Appläusen“, die sofort mit dem Publikum eingeübt wurden: Die Steigerung vom vornehmen Düsseldorfer Applaus („Die halten ja noch das Prosecco-Glas in der Hand“) über den Kölschen bis hin zum tosenden und lautstarken „Vorster Kabarett-Spezial-Applaus“.

Sein erster Gast war Udo Wolff aus Aachen. Der ist der ganz normale Familienvater von nebenan, ohne Allüren, gerade heraus, ehrlich und manchmal recht deftig. Der Mann, der 25 Jahre auf dem Bau arbeitete, sagt, was er denkt. Und ließ das Publikum an seinen Leiden als Ehemann und Vater dreier pubertierender Töchter teilhaben. „Ich bin so glücklich“, sagte er über sein Privatleben und fügte sofort hinzu: „heute Abend hier sein zu dürfen“. Er breitete den ganz normalen Alltagswahnsinn vor seinem Publikum aus; etwa, dass sich die Damen des Hauses extrem ungern bewegen. „Die kennen das Ende unseres Gartens nur vom Hörensagen“, so seine glaubhafte Schilderung. Und wie eine Shoppingtour durch Drogeriemärkte zu einer wahren Tortur ausartet. „Gehen Sie niemals mit ihren Töchtern zu Rossmann oder DM“, so der dringende Rat des leidgeprüften Vaters. Zwischen Handy-Wahn, dauerbesetzen Badezimmern und diversen Nervenzusammenbrüchen müsse sich dieser Mann behaupten: ein Held des Alltags.

Johannes Kirchberg aus Hamburg war ein Gegenprogramm: ein eloquenter, eleganter Musikkabarettist. Voller Wortwitz und wunderbar musikalisch brachte er Auszüge seines aktuellen Programms „Testsieger- was tut man nicht alles nicht“. Er besang den unermüdlichen Testtrip der Deutschen, der von der Zahnpasta bis zum IQ reiche, führte Begriffe auf ihre wortwörtliche Bedeutung zurück („Das wäre alles ganz leicht, wenn es ist, wie es heißt“) und – wunderbar komisch – übertrug gängige Werbeslogans auf ein fiktives Beerdigungsinstitut. Etwa nach dem Motto: „Hier liegen Sie richtig.“ Oder: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause“. Der Wortjongleur erhielt dann auch deutlich mehr Applaus als den „Elbphilharmonie-Applaus“, den er aus seiner Heimatstadt mitgebracht hatte, und der einem leichten Regenschauer glich.

Wiederum ganz anders präsentierte sich der letzte Kabarett-Gast des Abends. Amjad, ein jugendlicher Typ in Jeans und mit einem Rucksack auf dem Rücken, ist palästinensischer Araber aus Münster-Ochtrup. Mit viel Witz und Charme spielte er mit interkulturellen Vorurteilen und Klischees. Er sei sehr gut integriert, versicherte er dem Publikum, schließlich sei er sehr lange mit einer deutschen Frau zusammen gewesen. „Aus Liebe – zu ihrem deutschen Pass“, wie er hinzufügte. Das Weihnachtsfest in Deutschland, bei dem die ganze Familie zusammenkomme, erinnere ihn an sein Fest der Beschneidung (Stichwort: „Schni-schna-schnappi“). Einige deutsche Begrifflichkeiten bereiteten ihm aber nach wie vor Probleme, etwa das „Kind-Pinkeln“, das schlimme Vorstellungen bei ihm ausgelöst habe. Klischees gab es auf allen Seiten. So habe der Hund eines befreundeten Libanesen kein Schweinefleisch essen dürfen – obwohl er weder beschnitten sei noch eine Burka getragen habe, wie Amjad versicherte. „Lachen verbreiten – Angst vermeiden“, so lautet der Titel seines aktuellen Programms. Das dürfte dem sympathischen jungen Mann in Vorst gelungen sein. Für den ganzen Abend gab es vom Publikum denn auch einen waschechten lautstarken „Vorster Kabarett-Spezial-Applaus“.

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