Tönisvorst Geistervisionen auf Papier gebannt

Tönisvorst · Der 68-jährige Künstler John Waszek zeigt zahlreiche alte und neue Arbeiten in Atelier und Haus an der Schmitzheide, vorwiegend Arbeiten auf Papier. Dort liegen auch seine Gedicht-Bändchen aus.

Über beide Etagen in seinem Haus an der Schmitzheide 50 (Landstraße Kempener Straße zwischen Kempen und Vorst) geht die aktuelle Ausstellung von John Waszek. Auf dem Foto zeigt er seine Frottagen.

Über beide Etagen in seinem Haus an der Schmitzheide 50 (Landstraße Kempener Straße zwischen Kempen und Vorst) geht die aktuelle Ausstellung von John Waszek. Auf dem Foto zeigt er seine Frottagen.

Foto: HERIBERT BRINKMANN

Die Besucher seiner Atelier- und Hausausstellung "Arbeiten auf Papier" kamen in der Mehrzahl aus Krefeld oder von weiter her. Kein Wunder, ist John Waszek als Mitglied der Gemeinschaft Krefelder Künstler (GKK) fest in Krefeld verankert. Mit der "Werkstatt 80" hatte er sein Atelier im Kollektiv mit Künstlerkollegen viele Jahre an wechselnden Adressen in Krefeld. Doch vor zehn Jahren ist er auf die Schmitzheide gezogen. Sein Atelier heute war einst Schankraum einer Kneipe. Die Landschaft hat durchaus Eingang in seine Bildwelt gefunden. Und er hat nichts dagegen, wenn neugierige Besucher aus Kempen oder Tönisvorst vorbeikommen (natürlich nicht unangemeldet, Telefonnummer siehe Kasten).

Waszek, 1949 in Niederbayern geboren, auf den Beuys-Schüler zu reduzieren, wäre zu plakativ. Als 18-Jähriger spielte er als Bassgitarrist zehn Jahre lang in verschiedenen Rock- und Jazzbands. 1972 begann er an der Kunstakademie Düsseldorf ein Studium freier Malerei, doch nach einem Jahr wechselte an der Düsseldorfer Fachhochschule, wo er vier Jahre Visuelle Kommunikation studierte. Dann hängte er noch zwei Jahre Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Universität Köln dran. Und wer ihn besucht, kann sehen, dass er seinen drei Leidenschaften Bild, Musik und Film treu geblieben ist. Unzählige DVDs und CDs in den Regalen zeugen davon. Waszek, der über 15 Jahre an der FH einen Lehrauftrag für Radierung hatte, ist in erster Linie Grafiker (zu seiner Malerei kommen wir noch). Der Besucher kann sich durch etliche Mappen seinem Werk nähern, denn bei der Mehrzahl handelt es sich um Kleinformate. Einige nennt er "Capriccios", die der Kunsttheorie nach lustvolle Regelverstöße sind, spielerische Überschreitungen akademischer Regeln. In "Schnitte" finden wir einfache, archaische Strichzeichnungen (hier Ritzungen), die impulsiv entstanden und an Graffiti oder Kinderkritzeleien erinnern. Manchmal sind sie aus dem kindlichen Wortschatz seines Sohnes ergänzt: "Wampir". Bei seinen Frottagen (eine nicht glatte Oberfläche wird mit Kohlestift abgerieben) spricht Waszek von "Geistervisionen". Denn die Bilder befreundeter Künstler erhalten durch seine aufs Schwarz-Weiße reduzierte "Kopie" eine ungeahnte Erweiterung. Schon die Kleinformate "Zwischen Himmel und Erde" sind Mischtechniken. Kleine Schnipsel aus der Radierwerkstatt werden assoziativ übermalt. Und in der Serie "Kolumbarium" ist er ganz und ganz Maler. Die abstrakten Flächen in roh gezimmerten Rahmen sind von Urnengräbern auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise inspiriert.

(RP)
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