Tönisvorst Gedenken an das Leiden der Juden

Tönisvorst · Auf dem kleinen jüdischen Friedhof am Strombusch in Vorst gedachten gestern am Tag der Befreiung des KZ Auschwitz durch die Rote Armee Vertreter von Stadt und Kirchen an die Opfer des Nationalsozialismus.

 Bürgermeister Thomas Goßen hielt gestern beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Jüdischen Friedhof am Ortsrand von Vorst eine kurze Ansprache.

Bürgermeister Thomas Goßen hielt gestern beim Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Jüdischen Friedhof am Ortsrand von Vorst eine kurze Ansprache.

Foto: Wolfgang Kaiser

Für gestern, am 27. Januar, hatte die Stadt Tönisvorst zum Jüdischen Friedhof am Gotthardusweg eingeladen, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Etwa 50 Menschen waren der Einladung gefolgt. Das bescheidene, aber trotzdem würdevolle Gedenken dauerte nur eine Viertelstunde, dann kehrten die Teilnehmer in ihren Alltag zurück.

Eine Viertelstunde würdevolles Gedenken

Bürgermeister Thomas Goßen begann seine kurze Ansprache mit einem Verweis auf den kleinen Jungen Schimon, der in einer Stadt in Polen, heute in Weißrussland gelegen, geboren wurde und nur überlebte, weil er 1934 nach Palästina auswandern konnte. In Israel wurde er Assistent von Ben Gurion, später als Schimon Peres Staatspräsident. Peres sprach am 27. Januar 2010 bei der zentralen Gedenkstunde im Bundestag.

Goßen erklärte, die Rote Armee der Sowjets sei am 27. Januar 1945 für die sechs Millionen Juden, die im Nationalsozialismus umgebracht wurden, zu spät gewesen. Auf der Wannseekonferenz am 20. Januar 1942 hatten hochrangige Vertreter der Reichsregierung und der SS die Deportation der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas zur Vernichtung in den Osten zu organisieren. Es handelte sich um elf Millionen Menschen.

Wirklich friedlich ist die Welt auch heute nicht

Die Zeitzeugen dieser Zeit werden immer weniger, auch die Hinweise auf dieses Leid. Der Bürgermeister erinnerte aber auch daran, dass die Welt nicht friedlicher geworden sei. Ethnische Säuberungen und Greueltaten fänden heute immer noch irgendwo auf der Welt statt. Auch in Europa gab es im Juli 1995 mit der Ermordung von 8000 Bosniaken im bosnischen Srebrenica ein erneutes schweres Kriegsverbrechen — sogar unter den Augen von UN-Blauhelmsoldaten. 2007 hat die UN Srebenica als Genozid bezeichnet. Immer, wenn die Menschlichkeit verloren gehe, könne sich die Shoa wiederholen, mahnte Bürgermeister Thomas Goßen.

Pfarrer Bernd Pätzold von der Evangelischen Kirchengemeinde Anrath-Vorst schloss sich mit einem Gebet an, das Rabbiner 1977 in London der Shoa widmeten. Sie trauern um alles, was mit den Ermordeten starb. Als Wahnsinn und Gewalt die Erde beherrschte und Millionen Juden umgebracht wurden, sei die Welt ärmer geworden. Anschließend verbeugten sich Bürgermeister Thomas Goßen und SPD-Bürgermeisterkandidat Uwe Leuchtenberg vor dem Gedenkstein, an dem bereits ein Kranz niedergelegt war. Der Stein trägt die Inschrift: "Die Gemeinde Vorst gedenkt ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger".

Friedhof mit nur einem einzigen Grabstein

Auf dem kleinen Friedhof gibt es nur einen einzigen Grabstein: "Hier ruhen unsere lieben Eltern Benjamin und Adele Willner." Der jüdische Friedhof zwischen Wohnhaus und Waldstück ist ansonsten eine Rasenfläche. In der Dokumentation von Schülern der Realschule und der Hauptschulen aus dem Jahr 1984 ist nachzulesen, dass der jüdische Friedhof am 11. Juli 1940 geschändet worden war. Alle Grabsteine waren umgeworfen und beschädigt worden. "Beim Bau der Leichenhalle Anfang der 40er Jahre in der Nähe des ehemaligen Krankenhauses wurden die noch brauchbaren Grabsteine als schmückende Natursteine eingebaut, nachdem sie vorher in einer Kempener Schleiferei abgeschliffen worden waren."

(RP)
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