Puppentheater im Forum Corneliusfeld Tönisvorst zeigt sich von dieser Echsoterik begeistert

St. Tönis · Ganz gleich, mit welcher Puppe Michael Hatzius das Publikum im St. Töniser Forum Corneliusfeld anspricht, er kommt glänzend an. Was diese Art Theater ausmacht.

 Die Echse nimmt kein Blatt vor den Mund.

Die Echse nimmt kein Blatt vor den Mund.

Foto: Norbert Prümen

. Erwachsene Menschen schauen zwei Stunden lang großen und kleinen Handpuppen wie einer hässlichen Echse, dicken und dünnen Schweinen, einem niedlichen Drachen oder einem leicht depressiven Huhn beim Reden zu. Das Erstaunliche ist: Sie können nicht genug davon bekommen. Energisch klatschend fordern sie, weiter gefoppt, belustigt oder zum Nachdenken gebracht zu werden.

So geschehen am Freitagabend im Forum Corneliusfeld in Tönisvorst, wo auf Einladung des Stadtkulturbundes der Berliner Puppenspieler Michael Hatzius mit seinem Programm „Echsoterik“ zu Gast war. Michael Hatzius ist seit mehr als zehn Jahren mit seiner kompromisslos kritischen Echse unterwegs, hat beim Berliner Kabaretttheater „Die Wühlmäuse“ gespielt, ist Teil des Ensembles der „Mitternachtsspitzen“ und produzierte eine eigene Fernsehshow um seine Echse herum.

Die Illusion des Puppentheaters ist faszinierend: Michael Hatzius ist deutlich sichtbar und verschwindet – wörtlich und im übertragenen Sinn – hinter seinen Puppen. Diese erhalten in Sekundenschnelle ein ganz individuelles Eigenleben, sind niedlich (der kleine Drachen), bemitleidenswert (das arme Huhn, das immer im Schatten des Echsen-Erfolges leben muss) oder gnadenlos frech (die Echse). Hatzius ist ein Meister der winzig kleinen Bewegungen, mit denen er, genauer gesagt, seine Hand, treffsicher und überzeugend die Mimik und Gestik der Puppen verändert.

Ein Meister ist er auch darin, das Publikum einzubeziehen. Mit Improvisationstheatermethoden wie der, aus drei Worten spontan ein Lied zu dichten, oder dem Wort-Spiel: „Nennt mir einen Tönisvorster Begriff im Dialekt, den ich nicht kenne“, bat er sein Publikum. Natürlich kennt er sie alle, auf seine spezielle Weise. Aus Muurejubbel wird der mürrisch jubelnde Russe, Klappertüt ist klar: Die Beute eines Diebes ist in eine Tüte gepackt, doch die zittrige Angst vor Entdeckung sorgt für deutlich hörbares Klappern. Das Publikum lässt sich begeistert veräppeln, wenn die Echse sich auf den Weg durch die Reihen macht und nach Namen und Herkunft fragt. Jeder bekommt sein Fett weg – vor allem aber Tönisvorst (um 14 Uhr, erzählt die Echse, habe sie begonnen, die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, um 14.05 Uhr sei sie zurück im Hotel gewesen).

Neben kritischen Betrachtungen der Evolution, der Pandemie, des Genderns aus Echsensicht ist immer auch das Puppenspiel selbst Thema des Puppenspiels. So kommt auch ein junger Gast zu seiner ersten Puppenschauspielstunde auf der Bühne, die er bravourös meistert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort