Serie 100 Jahre Erster Weltkrieg Aus Gefangenen wurden Freunde Japans

Tönisvorst/Willich · Der Tönisvorster Yasuo Inadome, Unternehmer in Willich, ist ein Verfechter der deutsch-japanischen Freundschaft. Diese habe ihre Grundlagen im Ersten Weltkrieg. Deutsche Kriegsgefangene in Japan hätten wesentlich Anteil daran.

 Yasuo Inadome, Unternehmer in Willich, lebt in Tönisvorst.

Yasuo Inadome, Unternehmer in Willich, lebt in Tönisvorst.

Foto: Stadt Willich

Für Yasuo Inadome ist die Geschichte des Ersten Weltkriegs nicht nur eine traurige von Not, Tod und Elend. Der Unternehmer, der 1986 in die Bundesrepublik Deutschland kam und heute in Tönisvorst lebt und in Willich eine japanische Firma leitet, weist darauf hin, dass während des Ersten Weltkrieges die deutsch-japanische Freundschaft begann. Wesentlichen Anteil daran hätten deutsche Kriegsgefangene gehabt, von denen einige nach Ende der Gefangenschaft in Japan geblieben seien.

Erster Weltkrieg in Japan nur selten Thema

 Ausschnitt eines Plakates, mit dem die japanische Stadt Marugame im Jahr 2010 auf ihr jährliches "Deutsches Bier- und Musikfest" hinwies. Das Foto zeigt den früheren deutschen Kriegsgefangenen Paul Engel und sein Orchester. Es führte erstmals in Japan Beethovens 9. Sinfonie auf.

Ausschnitt eines Plakates, mit dem die japanische Stadt Marugame im Jahr 2010 auf ihr jährliches "Deutsches Bier- und Musikfest" hinwies. Das Foto zeigt den früheren deutschen Kriegsgefangenen Paul Engel und sein Orchester. Es führte erstmals in Japan Beethovens 9. Sinfonie auf.

Foto: Stadt Marugame

Aus Erzählungen aus dem Kreis seiner Familie und Freunde weiß Inadome, der heute 53 Jahre alt wird, nichts über den Ersten Weltkrieg. "Mein Großvater väterlicherseits hat am russisch-japanischen Krieg von 1904 bis 1905 beziehungsweise an der Seeschlacht bei Tusima teilgenommen. Er starb vor meiner Geburt", sagt Inadome, der Präsident des Japan Club Willich ist, eine Organisation der in Willich beheimateten japanischen Firmen.

Inadomes Mutter, geboren 1930 in Tokio, hat ihm viel über den Zweiten Weltkrieg erzählt und ihre Erlebnisse in den Bombennächten. "Eigentlich spricht man in Japan weniger über den Ersten Weltkrieg als über den Zweiten", sagt Inadome.

Vortrag in Willich weckte Inadomes Interesse

Welche Bedeutung der Erste Weltkrieg und die deutschen Kriegsgefangenen für die Entstehung der deutsch-japanischen Freundschaft hatten, erfuhr Inadome vor allem aus einem Vortrag eines japanischen Historikers im Mai 2012 in Willich anlässlich des deutsch-japanischen Festes: Keiichi Izawa gehörte einer Delegation einer Schule aus der japanischen Stadt Marugame an.

In dieser Stadt auf der Shikoku-Insel, rund 715 Kilometer westlich von Tokio, befand sich ein Lager deutscher Kriegsgefangener. Und Keiichi Izawa sprach zum Thema Begegnung zwischen deutschen Soldaten und der japanischen Bevölkerung. Yasuo Inadome übersetzte damals diesen Vortrag ins Deutsche.

In Japan feiern sie Deutschland-Feste

Die deutschen Soldaten seien zwar Kriegsgefangene gewesen. Aber dank der gewährten Freizügigkeit in der japanischen Ortschaft hätten sie mit den Einheimischen sehr eng und freundschaftlich kommuniziert. "Die entstandene Freundschaft wurde so gut gefördert, dass einige von ihnen trotz des Endes des Ersten Weltkrieges in Japan geblieben sind", sagt Inadome. Bis auf den heutigen Tag erinnerten sich die Japaner unter anderem in Marugame an diese deutsch-japanische Verbundenheit, indem sie jedes Jahr dort ein Deutschland-Fest feierten.

Yasuo Inadome verweist auf ein Plakat der Stadt Marugame aus dem Jahr 2010. Mit diesem kündigte sie für den 27. August ihr "Deutsches Bier- und Musikfest, ein Musikfest zur Erinnerung an die deutschen Soldaten in Marugame und ihre Spuren" an, wie es unter dem Bild auf dem Plakat heißt. Das Foto zeigt nach Angaben von Yasuo Inadome ein vom deutschen Soldaten Paul Engel geleitetes Orchester. Der Historiker Keiichi Izawa, der vor zwei Jahren in Willich zur deutsch-japanischen Freundschaft gesprochen habe, habe diesen ehemaligen Kriegsgefangenen mehrfach in seinem Vortrag erwähnt. Das von Engel geleitete Orchester, so Inadome weiter, habe in Japan erstmals die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven aufgeführt.

Jährliche Klassik-Konzerte für deutsche Soldaten

Bis heute werde in einem buddhistischen Tempel in Marugame, in dem 324 deutsche Soldaten am 16. November 1914 aufgenommen wurden und danach während des Ersten Weltkrieges gelebt hätten, immer im Dezember ein Konzert mit der 9. Sinfonie gegeben, sagt Inadome. Damit würden die deutschen Soldaten geehrt und der Beitrag der Deutschen zur Förderung der Kultur in Japan gewürdigt.

Auch in der japanischen Wirtschaft könne man Spuren dieser deutsch-japanischen Verbindung finden, sagt Inadome. Er verweist auf die Firma Juchheim, eine in Japan von einem früheren deutschen Soldaten gegründete Firma, die in seiner Heimat mit ihrem Baumkuchen einen guten Ruf genieße. Diese Firma verwende bis heute Packpapiere mit der Kombination der Farben Schwarz-Weiß-Rot, den Farben der Fahne des deutschen Kaiserreiches bis 1918.

(RP)
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