Solingen Zwei gegen Armut und Gewalt

Solingen · Der Fotojournalist Uli Preuss erhält den "Silbernen Schuh", Solingens Preis für Zivilcourage, für seinen unermüdlichen Einsatz für das Oberhausener Friedensdorf. Dem Pazifisten und Gewerkschaftler Werner Böwing wurde der diesjährige Ehrenpreis zuerkannt.

 Werner Böwing (links) und Uli Preuss sind Preisträger des "Silbernen Schuh". Durch ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement haben sich die beiden Solinger die Anerkennung der Jury verdient.

Werner Böwing (links) und Uli Preuss sind Preisträger des "Silbernen Schuh". Durch ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement haben sich die beiden Solinger die Anerkennung der Jury verdient.

Foto: Stephan Köhlen

In diesen Tagen kommen zwei Kinder aus Angola in Solingen an. Am städtischen Klinikum und in der Lukas-Klinik werden sie aufgenommen. Einem von ihnen, einem einjährigen Jungen wurde ein Auge weggeschossen, das zweite schwer verletzte Sehorgan wollen die Ärzte erhalten und so das Augenlicht des Kindes retten. Wenn Uli Preuss davon berichtet, ist seine Miene ernst und besorgt. Verletzte Kinder hat der Solinger Fotojournalist schon so viele gesehen bei seinen Reisen rund um die Welt. Nicht wenigen von ihnen haben er und seine Mitstreiter geholfen. Nahezu ein Vierteljahrhundert ist der 56-Jährige nun für das Friedensdorf Oberhausen im Einsatz. Ein Ende seines Engagements ist nicht absehbar. "Man kann einfach nicht damit aufhören", sagt Preuss. Der Beirat des "Bündnisses für Toleranz und Zivilcourage" (siehe Info) hat den Solinger nun mit dem "Silbernen Schuh" ausgezeichnet.

"Viele Menschen beneiden uns um das Grundgesetz", sagt der Preisträger. In 90 Prozent der Länder, die er bereist, ist das keine Selbstverständlichkeit. Korruption und Gewalt gehörten dort zum Alltag. Und gerade in den armen Ländern sei die Anfälligkeit der Menschen etwa gegenüber radikalen Muslimen groß, wenn sie sich als Nothelfer das Vertrauen ihrer Landsleute erschleichen. Für die Demokratie streitet Preuss übrigens auch in seiner Heimatstadt. Als der Journalist aus seinem Auto Fotos von der Salafisten-Moschee an der Konrad-Adenauer-Straße aufnehmen wollte, wurde er von zwei Salafisten rüde angegriffen. Im letzten Moment gelang ihm die Flucht. Er erstattete Anzeige. Doch ist er keiner, der sich beirren oder einschüchtern lässt. Auch für die "Provokateure von Pro NRW" findet er deutliche Worte: "Das finde ich zum Kotzen."

Als 17-Jähriger erlebte Werner Böwing (84) die letzten Wochen des Krieges mit. Als Angehöriger der Waffen-SS wurde er nach gerade mal drei Wochen gefangen genommen. Von Häftlingen des KZs Ravensbrück hatte er bereits zuvor auf einer Baustelle unweit seines Heimatorts in der Uckermark von den Gräueltaten der Nazis in den Lagern erfahren. Für den jungen Mann war schnell klar: "Ich werde nie mehr eine Waffe in die Hand nehmen." In dreijähriger Kriegsgefangenschaft lernte er die Grundregeln der Demokratie. Schon bald nach seiner Freilassung siedelte er aus dem neuen deutschen Zwangsstaat in der damaligen "Ostzone" nach Westberlin über. Böwing, der tief überzeugte Pazifist, engagierte sich auf vielfältige Weise zunächst in der IG Bau, später als Aktivist in der Friedensbewegung sowie beim Solinger Spar- und Bauverein. 1981 trat er in das Solinger Friedensforum ein und 1999, nach fast 50-jähriger Mitgliedschaft, aus der SPD aus, als deutsche Flieger Einsätze gegen serbische Städte flogen. 2005 fand er über die WAsG den Weg zu "Die Linke". Doch sieht er die Partei auch kritisch. Gegen die von der abgetretenen Bundesvorsitzenden Gesine Lötsch aufgezeigten "Wege zum Kommunismus" bezog er im Internet klar Position ebenso wie gegen altsozialistische Thesen zum Mauerbau.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort