Solingen Zwei Brüder schaffen Dachdecker-Kunst

Solingen · Sandro und Michael Strobel wollten einmal nicht nach Maß arbeiten. Ihre Blechmänner sind jetzt in Solingen zu sehen.

 Die Brüder und ihre Geschöpfe: Sandro (l.) und Michael Strobel sitzen zwischen ihren Blechmännern, die sie bald in Solingen ausstellen.

Die Brüder und ihre Geschöpfe: Sandro (l.) und Michael Strobel sitzen zwischen ihren Blechmännern, die sie bald in Solingen ausstellen.

Foto: Hertgen, Nico (hn-)

Es kann sein, dass sich die Besucher der Ausstellung im Atelier von Peter Amann in den Güterhallen am Sonntag beobachtet fühlen: Gehen sie die Treppe hinauf und schauen geradewegs nach oben, blicken sie in das flache Antlitz eines Blechmannes. Was ordinär nach Konservendose klingt, ist in Wirklichkeit eine höchst kunstvoll gestaltete, mannshohe Plastik aus dem Material, mit dem Dachdecker tagtäglich zu tun haben: Zinkblech. Die Künstler: Sandro (38) und Michael (42) Strobel aus Wermelskirchen.

Die beiden Brüder sind Dachdecker und arbeiten seit rund 17 Jahren zusammen. "Wir müssen stets akkurat nach Zeichnung und genauen Maßen arbeiten", sagt Michael Strobel. Und so seien sie eines Tages beim Besprechen des Tagesplanes auf die Idee gekommen, mal "etwas außerhalb der Reihe" zu schaffen. Es scheint den beiden im Blut zu liegen. Wer in Wermelskirchen genau hinschaut, wird an einigen Häusern, an denen die Brüder mit Hand angelegt haben, kleine "Drachenköpfe" aus Blech finden, die als Symbol des chinesischen Drachens Glück bringen sollen. Selbstredend benutzen sie für ihre Kunstwerke dasselbe Handwerksmaterial wie im beruflichen Leben: neben Zinkblech auch Kupfer. Und das macht ihre Werke zu etwas Besonderem. Da ist nichts "abgekupfert" und kopiert - sie erarbeiten sich ihre Ideen mit ihrem Material. Das ist ihnen im Laufe der Jahre gleichsam in Fleisch und Blut übergegangen.

Damit sind die Kunstgestalten der Strobels authentisch bis in die blechernen Knochen. Die Gestalten sprühen gleichsam Funken. Sie leben. Die kreative Idee springt dem Betrachter entgegen - sie scheint an jeder Biegung des (Metall-)Körpers zu glimmen. Die Gesichter sind konturenlos. Augen, Nase, Mund könnten ablenken von den Figuren an sich. Denn das, was hier zählt, ist die Kontur, die Statik der Gliedmaßen und des Rumpfes, der Ausdruck der Körperhaltung - Körpersprache pur. Der "Beobachter" hat trotzdem ein waches Auge, der "Träumer" schaut selbstversunken in die Ferne, der "Denker" sinniert tiefschürfend vor sich hin, dem "Lesenden" scheint nichts von der Lektüre der Zeitung abzuhalten und der "Emporkömmling" windet sich wie in einer Neugeburt aus der Versenkung.

Und damit bei diesen Gestalten nicht alles zu "glattgeht", haben Sandro und Michael ihre Statuen mit viel Sorgfalt patiniert. Die dazugehöre, unterschiedliche Patina für Zink und Kupfer haben sie selbst entwickelt. Überhaupt gingen sie äußerst ideenreich zu Werke: Als "Modell" fungierte Sandro, ihn fotografierte Michael - und so entstand ihr Konstruktionsplan. Es folgte reine Gemeinschaftsarbeit: Abwechselnd hielt der eine fest, während der andere werkelte.

(RP)
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