Arbeitsmarkt im Bergischen Zu viele Angelernte, zu wenig Fachkräfte

Solingen/Remscheid · Die Arbeitsagentur sieht in ihrer Jahresbilanz ein Beschäftigungswachstum. Bildung und Qualifizierung seien die „zentralen Herausforderungen“, sagt Leiter Martin Klebe.

 Kein Hängen im Schacht: Die Agentur ermuntert ihre Aufzug fahrenden Besucher mit Texten auf den Fahrstuhl-Türen.

Kein Hängen im Schacht: Die Agentur ermuntert ihre Aufzug fahrenden Besucher mit Texten auf den Fahrstuhl-Türen.

Foto: Fred Lothar Melchior

„Der Arbeitsmarkt ist noch in einer guten Verfassung – wenn auch etwas abgeschwächt“, sagt Martin Klebe, Leiter der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal. Am Montag stellte er die Jahresbilanz seines Hauses vor. Klebe: „Das große Thema bleibt die Qualifizierung. Wir haben ein Missverhältnis von Fachkräften und angelernten Kräften.“

Arbeitslosigkeit: Im Bereich der Arbeitsagentur (SGB III) stieg die Arbeitslosigkeit im vierten Quartal an und liegt über Vorjahresniveau. Im Jahresdurchschnitt (Stand November) ging in Solingen die Zahl der Arbeitslosen jedoch gegenüber 2018 um 417 auf 6151 zurück (-6,4 Prozent), in Remscheid um 203 auf 4171 (-4,6).

Langzeit-Arbeitslose: „Sehr schön ist die Entwicklung bei der Langzeit-Arbeitslosigkeit“, freut sich Klebe. In Solingen gab es einen Rückgang um 277 auf 2246 (-11,0 Prozent), in Remscheid um 355 auf 1589 (-18,3).

Jugendliche Arbeitslose: „Da haben wir eine Baustelle“, sagt der Chef der Arbeitsagentur. Einen Anstieg gab es allerdings nur in Wuppertal. In Solingen waren im Jahresschnitt 697 junge Leute im Alter von 15 bis 24 betroffen (minus 58 oder 7,8 Prozent), in Remscheid 394 (-2, 0,4).

Kurzarbeit: Die Nachfrage hat bisher nicht zugenommen. Im Bereich der Agentur ging die Zahl der Anzeigen seit dem Jahr 2018 um 171 auf 508 zurück (Stand Oktober, gleitende Jahressummen). „Wenn Kurzarbeit angezeigt wird, heißt das nicht, dass sie auch durchgeführt wird“, unterstreicht Martin Klebe. Speziell Firmen aus der Metallbranche sowie Autozulieferer lassen sich verstärkt beraten.

Pendler: In Solingen stieg der Auspendlerüberschuss um 2,5 Prozent auf 8367 Personen an. In Remscheid gibt es 3753 Einpendler mehr als Auspendler.

Freie Stellen: Die Zahl der gemeldeten Vakanzen ist rückläufig. In Solingen waren es 3383 neue Jobs, ein gutes Fünftel weniger als 2020, in Remscheid 3289 (minus ein Zehntel). Trotzdem blieb der Bestand an freien Stellen in Remscheid fast gleich (1295) und auch in Solingen relativ hoch (1329, minus 19,2 Prozent). Ein Grund: Es dauert länger, geeignete Mitarbeiter zu finden.

Unterbeschäftigung: Nicht jeder ohne Arbeit ist in der Statistik ein Arbeitsloser. Wer gerade weitergebildet wird oder krank ist, zählt nicht dazu. In Solingen gehörten dieser Gruppe 2018 noch 9077 Menschen an. In diesem Jahr waren es 8582 (November, Durchschnittswerte). In Remscheid gab es einen Rückgang um 58 auf 5965.

Qualifikation: „Zwei Drittel aller Arbeitslosen haben keine abgeschlossene Ausbildung“, sagt Klebe: „Da versuchen wir hauptsächlich anzusetzen. Bildung ist Zukunftssicherung.“ Das Problem dabei: Viele, die für eine Schulung infrage kämen, würden sich aus finanziellen Gründen eher eine Helfertätigkeit suchen. Klebe: „Wir wünschen uns eine höhere Unterhaltsleistung.“

Zuwanderer: Einerseits werben Remscheider Unternehmen gezielt am Balkan um Mitarbeiter (die vorher qualifiziert werden), andererseits melden sich nun die ersten Zuwanderer, etwa aus Osteuropa, nach Helfertätigkeiten arbeitslos. „Das sind noch keine großen Zahlen“, kommentiert der Chef der Arbeitsagentur. Vermittelbar seien sie aber schwer, wenn sie kein oder nur schlecht Deutsch sprechen oder sogar Analphabeten sind. Ausblick: „Ich gehe davon aus, dass sich der Abbau der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigungsaufbau im nächsten Jahr weiter verlangsamen werden“, prognostiziert der Agenturleiter.

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