Solingen Wie ein Holzkopf ein richtiger Junge wird

Solingen · Vor ausverkauftem Haus hatte das Kinderstück Pinocchio Premiere. Kinder erlebten eine turbulente Aufführung.

Der Geräuschpegel ist ohrenbetäubend im voll besetzten Pina-Bausch-Saal. Noch ist der Vorhang geschlossen, die Kinder erwarten ungeduldig die ersten Akteure. Die kommen in Gestalt der Musiker Mutz, Piet, Peter und Philip auf die Bühne, nehmen Platz und beginnen zu spielen. Wie auf Knopfdruck verstummt der Lärm im Theatersaal, schauen die Kinder gespannt Richtung Bühne, wo sich alsbald der Vorhang hebt für das neue Kinderstück des Solinger Stadtensembles, das sich diesmal die bezaubernde Geschichte um Pinocchio ausgesucht hat. Ganz zur Freude der Kinder, bietet das Stück nach dem Buch von Carlo Collodi doch unendlich viele Möglichkeiten, turbulente Szenen auf die Bühne zu bringen. Da wird gesungen, getanzt, erlebt Pinocchio die wildesten Abenteuer, bis schließlich eine Fee seinen sehnlichsten Wunsch erfüllt und die hölzerne Marionette zu einem Jungen aus Fleisch und Blut werden lässt.

Renate Kemperdick als Pinocchio spielt sich schnell in die Herzen der Kinder, die sie auf dem langen Weg bis zum Happy End voller Anteilnahme begleiten, mal lautstark anfeuern, mal vor Unheil warnen, zum Beispiel wenn der Fuchs (Karl-Heinz Stamm) und der Kater (Karl-Josef Überall) den zerbrechlichen kleinen Jungen im Zauberwald um seine Goldstücke betrügen.

Bis Regisseur Michael Tesch seinen von Gepetto aus einem Pinienstamm geschnitzten Pinocchio Mensch werden lässt, schickt er ihn auf viele Abenteuer, lässt ihn im Bauch eines Wales landen oder in Land der Müßiggänger fast zum Esel werden. Für die Kinder wird bei allen Abenteuern klar, dass Pinocchio klar im Vorteil wäre, würde er endlich zur Schule gehen und etwas lernen.

Neben der eigens für das Stück von Mutz komponierten Musik macht vor allem das Bühnenbild das neue Kinderstück zu einem echten Hingucker, ob der Bauch des Wals, die Werkstatt von Gepetto oder das Marionettentheater. Michael Tesch und Martin Witte sind dafür verantwortlich, Klaus-Peter Voigt ist für die Lichtregie zuständig und zusammen mit Thorsten Krüger auch für das Feuerwerk am Ende der Vorstellung. Aber auch um den Bühennachwuchs ist es gut bestellt mit Amira und Leander Kemperdick, den Enkeln von Hauptdarstellerin Renate Kemperdick oder auch Luzie Berkenkopf, deren Mutter Dajana Berkenkopf als gute Fee mit Gesangstalent überzeugen kann. Im Stadtensemble stehen Darsteller aller Generationen auf der Bühne, und sie machen ihre Sache so gut, dass die Kinder in der Pause fragen, wann der Film denn endlich weitergeht.

Doch vorher verwandeln die Kita-Kinder und Grundschüler erst einmal das Foyer in einen bunten Picknick-Platz, werden Butterbrote, Saftfalschen und Süßigkeiten ausgepackt. Selten sieht man so viel Leben im Solinger Theater. Kein Wunder, nach dem Solinger Tanzfest ist die weihnachtliche Eigeninszenierung im Auftrag des Kulturmanagements die am besten besuchte Veranstaltung im ganzen Jahr. Neun nahezu ausverkaufte Veranstaltungen sprechen für sich. Nur für die Aufführung am kommenden Samstag um 14 Uhr gibt es noch einige Eintrittskarten. Und auch wenn es sich um ein Stück für Kinder ab sechs Jahren handelt, auch für Erwachsene hat dieser Pinocchio allerlei zu bieten.

(RP)
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