Solingen Widerstand im Nadelöhr

Solingen · Der geplante Anschluss der Viehbachstraße an die A 3 spaltet die Solinger. Während viele die direkte Verbindung an die Autobahn bejahen, hat man in Rupelrath Angst, die St. Reinoldi-Kapelle könnte zerstört werden.

Wenn Pfarrer Hans Wilhelm Ermen die benachbarten Fußballer des GSV Langenfeld besuchen will, muss er nur geschätzte 70 Meter zurücklegen. Zwischen der St. Reinoldi-Kapelle der evangelischen Gemeinde Rupelrath und dem Platz der Kicker liegen lediglich der Krichfriedhof sowie die Schienen der Bahnlinie Köln-Wuppertal.

Aber vergleichbar rund wie der Ball bei den Fußballern läuft es für Pfarrer Ermen derzeit nicht. Seit bekannt wurde, dass die Verantwortlichen im Land einen vierspurigen Anschluss der Viehbachstraße an die Autobahn A 3 planen (wir berichteten Samstag), hängt in der Gemeinde der Haussegen schief. "Ein Gebäude wird auch dann zerstört, wenn man seine Bedeutung zerstört", erklärt Ermen mit Blick auf die Überlegungen zur möglichen Trassenführung der B 229n. Seine Befürchtung: Die Straße könnte genau zwischen dem Friedhof und Fußballplatz verlaufen.

Ein Stück Heimat

Das Gebäude, von dem der Pfarrer spricht — das ist die St. Reinoldi-Kapelle, die, direkt an der Stadtgrenze zu Langenfeld gelegen, nicht allein als zweitältestes Bauwerk der Klingenstadt gilt. Denn das historische Gemäuer besitzt über seinen geschichtlichen Wert hinaus eben auch jene "Bedeutung", die Ermen hervorhebt und die bei Verwirklichung der Schnellstraßenpläne verloren gehen könnte.

In der Tat ist die Kapelle für viele Familien im Westen Solingens weit mehr als nur eine alte Kirche. Das Gotteshaus bedeutet ein Stück Heimat. Hier finden Hochzeiten, Taufen sowie Trauerfeiern statt. Und bereits heute werden festliche Augenblicke phonetisch überschattet von den Zügen, die tagtäglich auf ihrem Schienenbett polternd Rupelrath passieren. "Zeitweise kann kaum dem Gottesdienst gefolgt werden", berichtet Ermen aus dem Alltag der Gemeinde. Ein Alltag, der, so die Befürchtung, nach dem Bau der Autobahnverbindung im Nadelöhr zwischen Kirche und Fußballplatz noch lauter werden und überdies auch bautechnisch bedenkliche Auswirkungen zeitigen könnte. Seit 2006 Jahr steht fest, dass das Gotteshaus in eine statische Schieflage geraten ist. Was aber, wenn die Bauarbeiten an einer Unterführung beziehungsweise an Lärmschutzwänden die Kirche zusätzlich erschüttern würden?

Die Meinungen in der Stadt über die Verbindung zur A 3, das zeigen die Reaktionen im Online-Forum der Morgenpost, gehen weit auseinander. Während vor allem staugeplagte Pendler einen Ausbau befürworten, halten andere entgegen, die wohl wenigstens 40 Millionen Euro verschlingende Realisierung der B 229n sowie — weiter nördlich — der L 405 sei überflüssig.

Pfarrer Ermen kündigte gegenüber unserer Zeitung Widerstand für den Fall an, dass die Straße gebaut wird. Die "kulturhistorische Bedeutung" der Kapelle mit ihren wertvollen Fresken aus dem frühen 16. Jahrhundert (siehe Kasten) sei zu hoch, als dass "eine derartige Verschandelung" hingenommen werden könne. Keine Frage, der Autobahnanschluss, der nach dem Willen der Verantwortlichen etwa 2015 stehen soll, hat das Zeug, die Solinger für lange Jahre zu spalten.

(RP)
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