Mildred-Scheel-Berufskolleg Wenn Cybermobbing in die Katastrophe führt

Solingen · Am Ende liegt Josephine am Boden. Verzweifelt, gebrochen, vielleicht vernichtet. Sie ist von der Täterin zum Opfer geworden. Von der Mobberin im Internet zur Gemobbten in der virtuellen Welt. Das Mädchen ist die Hauptfigur im Stück "#Virtually Disastrous" des Theaterprojekts des Mildred-Scheel-Berufskollegs, das in dieser Woche im Theater Premiere feierte.

Ein Mädchen, toll gespielt von Elena Grammatikopoulou, das zu einer Clique von fünf vermeintlichen Freundinnen gehört und in eine Klasse geht, in der sich niemand vorstellen kann, ohne sein Handy den Tag zu beginnen, ohne über das Internet zu kommunizieren, ohne digitale Medien überhaupt existieren zu können. Ein Mädchen mit einem Geheimnis, das plötzlich nicht mehr geheim ist: Denn als Josephine, die sich bis dahin einen Spaß daraus gemacht hatte, dem schüchternen Thorben (Marius Theobald) in einem Flirt-Chat Gefühle vorzugaukeln, ihr Handy in der Umkleidekabine vergisst, landen die darauf gespeicherten Nacktfotos der Schülerin dank der eifersüchtigen Margery, wunderbar intrigant gespielt von Acelya Dogan, im Internet. Dort werden sie gesehen und geteilt, immer wieder hochgeladen und gefallen mehr und mehr Leuten, mehr und mehr Jungs und Männern, ohne dass Josephine noch einen Einfluss darauf hätte. Die Lawine des Cybermobbing, die im Internet losgetreten wurde und Josephine dann auch im realen Leben mitreißt, können weder sie, noch der Lehrer oder die Polizei stoppen.

Es ist ein wichtiges und gewichtiges Thema, das sich die Elftklässler der Höheren Berufsfachschule und des Beruflichen Gymnasiums ausgesucht und zu dem sie mit Regisseurin Kathrin Sievers und den Lehrerinnen ihr eindrucksvolles Stück geschrieben haben. Und dass sie trotz seiner Schwere, trotz der deprimierenden Folgen für Josephine, mit Ideenreichtum und Tiefgang genauso wie mit Witz und Leichtigkeit in einem ganz simplen Bühnenbild umgesetzt haben: Da diskutiert ein selbstverliebter und überheblicher Facebookgründer Mark Zuckerberg mit dem rationalen Online-Lexikon über Nutzen und Gefahren des Internets; da kämpft Josephine mit grinsenden Smilies und anderen Emoticons, die sie bedrängen; da werden die Straftatbestände von Cybermobbing verlesen; und immer wieder werden die Zuschauer über die große Leinwand direkte Zeugen dessen, was sich die Jugendlichen per E-Mail, Whatsapp oder im Chat so schreiben. Am Ende können die Zuschauer selbst eine Wahl treffen: für Mark Zuckerberg, sein Netzwerk und alles, wofür er steht - oder dagegen.

Ein Kompliment für die Schüler kam nach der Premiere im Theater nicht nur vom Publikum, das sich mit stehenden Ovationen bedankte, sondern auch von Regisseurin Kathrin Sievers: "Die Schüler haben sich schauspielerisch enorm gesteigert und ich bin sehr froh über das Ergebnis."

Cybermobbing, sagt Schulleiterin Gabriele Stobbe-Dibbert, komme so häufig vor. "Viele Schüler erzählen uns von Freunden, die dies erlebt haben. Deshalb ist es ein wichtiges, aktuelles Thema", betont Stobbe-Dibbert.

MAXINE HERDER

(mxh)
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