Solingen Warten in der Schlange

Solingen · An den Tankstellen im Stadtgebiet war der Ansturm am letzten Tag des Jahres 2006 riesig: Jeder wollte vor der Benzinpreiserhöhung noch einmal volltanken. Die meisten Solinger sind wütend, nur wenige nehmen sie gelassen hin. Es wurde sogar mit mehr Personal gearbeitet. Ein Stimmungsbild.

Marcel Lüneschloß hat die Hände in die Hüften gestemmt, seinem Auto den Rücken zugewendet und betrachtet nun mit kritischem Blick das Zählwerk an der Tanksäule. Sekunde für Sekunde wird der Betrag höher. Dann macht es klick. 50 Euro und ein paar Cent muss er für diese Tankfüllung bezahlen. Einen Tag später wäre es aber noch mehr gewesen. „Deshalb bin ich extra heute noch tanken gefahren“, erzählt der 27-Jährige. Super kostet am Silvestertag bei den großen Solinger Tankstellen fast 1,22 Euro, an Neujahr sind es knapp 1,28. Da lohne es sich, nochmal vollzutanken.

Es herrscht Hochbetrieb an allen Tankstellen im Stadtgebiet: Ein jeder will wenigstens ein bisschen was sparen, bevor es 2007 alles noch teurer wird. An der Aral Tankstelle an der Schlagbaumer Straße sind mehr Mitarbeiter als sonst im Einsatz. „Wir sind für den Ansturm gerüstet“, sagt Sabine Beinig. Zu Recht: „Wir haben heute mindestens doppelt so viele Kunden wie sonst.“ Auf dem Platz hat sich eine lange Autoschlange gebildet, die Fahrer warten geduldig.

Alexander Krah betankt seinen roten Audi. Er habe von dem Aufschlag von bis zu sieben Cent gehört und wolle schnell nochmal den Tank auffüllen. „Für mich handelt es sich dabei nicht um eine notwendige Erhöhung, sondern nur um Kommerz.“ Auch Tanja Brinkmann ist frustriert, Verständnis für die Preiserhöhung habe sie keine: „Mich wundert echt gar nichts mehr“, sagt sie beinahe gleichgültig, denn ändern könne sie daran nichts.

Vincenzo Interlici ist bereits mit dem zweiten Wagen vorgefahren. „Ich war eben schon mal Diesel tanken.“ Jetzt ist der Corsa dran. Der Italiener sieht das Ärgernis allerdings eher locker: „Das Leben geht weiter“, sagt er fröhlich lachend und freut sich lieber auf eine schöne Silvesterparty am Abend.

Wütend faltet ein anderer Herr vor der Kasse seinen 100-Euroschein hin und her. Der muss heute dran glauben. „Ich habe keine Worte mehr dafür“, ärgert er sich mit Blick auf die Mineralölkonzerne und die Politik. Von Benzinpreis- und Steuererhöhungen aus dem Rhythmus bringen, lässt sich dagegen Eugen Lex niemals. „Ich tanke grundsätzlich sonntags den Wagen meiner Frau.“ Er selbst habe ein Ticket 2000 und fahre mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. „Nur so kann man sparen.“ Torsten Thiel glaubt, nicht weniger fahren zu können. „Ich brauche das Auto für den Weg zur Arbeit. Da muss ich wohl woanders sparen.“ Er habe schon das Rauchen aufgegeben. „Vielleicht sollten wir einfach auf die Straße gehen und protestieren. Aber wer käme da mit?“

Regina Poter wahrscheinlich nicht, denn sie tankt zwar auch ihren Wagen nochmal voll, aber eigentlich ist sie von den Erhöhungen nicht betroffen. „Ich habe es gut. Das ist mein Dienstwagen und den Sprit zahlt die Firma.“

(RP)
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