Solingen "Von Altlasten trennen"

Solingen · Die Ohligser Wohnungsbau Genossenschaft sah jetzt keine Alternative mehr zur Insolvenz. Läuft alles nach Plan, wird es voraussichtlich Anfang nächsten Jahres zur Gläubigerversammlung kommen.

Ende des Monats werden wieder Mieteinnahmen erwartet. Derzeit herrscht in der Kasse der Ohligser Wohnungsbau eG (OWB) indes Ebbe. "Wir haben keine Liquiditätsspielräume, das Geschäftskonto weist rote Zahlen auf, der Geschäftsbetrieb ist lahmgelegt", erklärte gestern OWB-Vorstand Ulrich Uibel und begründete damit den Gang zum Insolvenzgericht. Den will er heute Vormittag antreten: "Wir können kein Geld mehr auszahlen", ergänzte Uibel mit Blick auf die Zahlungsunfähigkeit.

Durch den Gang zum Insolvenzgericht sei damit auch ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinfällig. Den hatte Wolfgang Schürmann nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf erwirkt, um an sein Geld zu kommen. Am Dienstag hatte die Genossenschaft noch mit Banken gesprochen; einen neuen Kredit gab es jedoch nicht. "Es geht jetzt auch darum, dass Gesamtproblem Schürmann zu regeln", erklärte Uibel mit Blick auf das vorläufige Insolvenzverfahren.

Rückstellungen nur auf dem Papier

Denn der frühere Vorstand hat nicht nur Gehaltsansprüche in der Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft — bis zum Eintritt ins Rentenalter, berichtet Uibel. Dem heute 59-Jährigen müssten entsprechend noch für vergangene Jahre und bis zu seinem Renteneintritt rund 140 000 Euro jährlich brutto gezahlt werden. Überdies hat Schürmann Pensionsansprüche. Ein entsprechender Vertrag sei 1989 vom damaligen OWB-Aufsichtsrat mit Schürmann geschlossen worden. Ein von der OWB angestrengter Gesprächstermin nach dem Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf mit Schürmann, um sich eventuell noch gütlich zu vergleichen, ist laut Uibel nicht zustande gekommen.

Zwar hat die Genossenschaft in der Vergangenheit Rückstellungen für die drohenden Gehaltsnachforderungen in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro in der Bilanz gebildet. "Doch dies ist eine rein wirtschaftliche Betrachtung. Das heißt aber nicht, dass das Geld dafür da ist", erklärte Uibel. Ziel der Insolvenz ist es nicht, die Genossenschaft zu zerschlagen oder aufzulösen. Vielmehr will man durch möglichst hohe Verzichte der Gläubiger eine Sanierung gestalten, "um in ein normales Geschäftsleben zurückzukommen". Uibel rechnet damit, dass noch in dieser Woche ein vorläufiger Insolvenzverwalter vom Amtsgericht Wuppertal eingesetzt wird. Der könnte alle Anstellungsverträge kündigen — somit auch den von Wolfgang Schürmann. Über das Insolvenzausfallgeld sind zunächst für drei Monate die Gehälter der Beschäftigten gesichert.

Im Laufe des Verfahrens will die OWB einen Insolvenzplan aufstellen, um aufzuzeigen, wie die Genossenschaft wirtschaftlich geführt werden kann. Die Forderungen von Schürmann werden dabei ebenso wie die der Banken aufgelistet. Zu den Gläubigern zählt jetzt auch die Stadt Solingen: 86 000 Euro Grundabgaben, die am 15. Mai fällig gewesen wären, hat die Genossenschaft nicht zahlen können.

Vorrangig werden wohl die Forderungen der Banken bedient, alles hängt aber von der Insolvenzmasse beziehungsweise -quote ab, die letztlich ausgezahlt werden kann. Eine Gläubigerversammlung wird für Januar/Februar 2011 angestrebt. "Wir haben zur Insolvenz keine Alternative. Wir müssen uns von Altlasten trennen — dazu gehört auch Schürmann", sagte Uibel.

Die Genossenschaft geht jetzt laut Uibel einen Weg, den vorher keine Genossenschaft gegangen ist. Uibel kreidet dem früheren Vorstand wegen "erheblicher Fehlentscheidungen" — im Zusammenhang mit einer Wohnanlage in Wahlstedt und einem Park- und Geschäftshaus in Wuppertal — die finanzielle Schieflage der Genossenschaft an. "Eine Insolvenz ist bei einer Wohnungsgenossenschaft eigentlich nicht vorgesehen. Nur dann, wenn man vom Kerngeschäft abgeht", so Uibel. Das Kerngeschäft sieht er im Bauen und Vermieten von Wohnungen am Ort der Genossenschaft.

(RP)
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