Solingen Vom Altwerden in einer Welt voller Anglizismen

Solingen · Herbert Knebels Affentheater brachte mit "Der Letzte macht dat Licht aus" den Pina-Bausch-Saal zum Kochen.

 Herbert Knebels Affentheater gastierte mit dem Programm "Der Letzte macht dat Licht aus"

Herbert Knebels Affentheater gastierte mit dem Programm "Der Letzte macht dat Licht aus"

Foto: Büttner (Archiv)

Am Ende schwappte sogar die "Laola" durch den Pina-Bausch-Saal: Herbert Knebel und sein "Affentheater" hatten ihr Publikum im ausverkauften Solinger Theater am Mittwoch im Griff — wieder einmal, schließlich gastiert die Gruppe mit ihrem musikalischen Kabarett seit vielen Jahren regelmäßig in der Klingenstadt.

"Der Letzte macht dat Licht aus" heißt ihr nunmehr zwölftes Programm, mit dem das Quartett für Lachsalven und Szenenapplaus im Minutentakt sorgte. In seiner Paraderolle als Frührentner und ehemaliger Bergmann Herbert Knebel berichtete Uwe Lyko im unvergleichlichen Ruhrgebiet-Dialekt von den Tücken des Altwerdens in einer Welt voller Anglizismen, vom "Nicht-Angriffspakt" mit seiner Ehefrau Guste und ermüdenden Diskussionen mit seinen mitunter aufmüpfigen Enkeln "Marzel" und "Jackeliene".

Ihm zur Seite standen dabei drei echte Originale: Schlagzeuger Detlef Hinze spielte den vermeintlich begriffsstutzigen "Trainer", der immer wieder unvermittelt mit Fachvokabeln wie "Ressourcenverknappung" und "Kompensation" überraschte. Bassist Martin Breuer gab als Ernst Pichl den knorrigen Kulturpessimisten und Gitarrist Georg Göbel-Jakobi verkörperte — als Einziger ohne Hosenträger — den bauernschlauen Proleten Ozzy Ostermann. Liebevoll-derb widmeten sie sich Themen des Alltags wie Fußball, Pauschalreisen oder Mode und kamen dabei zu erstaunlichen Erkenntnissen: "Hoffentlich gibbet nich nochmal enge Buxen, sons simmer innen Arsch gekniffen", führte Ernst besorgt aus.

Dass man nur Geduld haben muss, bis manche Trends wiederkommen, sagte auch Herbert in Anspielung auf seine Glasbausteine: "Heute laufen die jungen Leute alle mit meine Hornbrille durch die Gegend." Fassungslos erzählte der Frührentner, wie sich seine Enkelin als Vegetarierin entpuppte und der "Unfallgechner", der geschlachtete Hase, sich ein letztes Mal in seinem Magen aufbäumte.

Besonders die zahlreichen virtuos vorgetragenen Musikeinlagen hatten es dem Publikum angetan. "Waterloo sunset" von den "Kinks" dichtete die Gruppe in eine Liebeserklärung an den Essener Hauptbahnhof um. Aus Marvin Gayes "I heard it through the Grapevine" wurde "Ich schlachte jetzt mein Sparschwein." Vor allem, wenn Herbert beim Singen in seinen betont steifen Gang urplötzlich elegante Hüftschwünge einstreute und sein Mikro schelmisch von der einen in die andere Hand warf, tobten die Zuschauer.

Auf dem endgültigen Siedepunkt war die Stimmung angelangt, als Knebel seinen Rentner-Dress gegen Elvis Presleys Las-Vegas-Kostüm eintauschte und zum Abschluss "Suspicious Minds" anstimmte. Nach über zwei Stunden feierte das Publikum das Affentheater mit stehenden Ovationen.

(ied)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort