Solingen Und wieder brannten Müllcontainer
Solingen · Die Feuerwehr musste in der Nacht zu gestern im Keller eines Mehrfamilienhauses an der Merianstraße löschen – nur Stunden später brannten sieben Mülltonnen in Wald. Während die Polizei bei letzteren Fällen wieder von Brandstiftung ausgeht, dauern die Ermittlungen beim Hausbrand noch an.
In der Nacht zu gestern gab es in Solingen wieder eine Serie kleinerer Brände. An der Merianstraße musste die Feuerwehr am Donnerstagabend gegen 20.30 Uhr im Keller eines Wohnhauses einige in Brand geratene Kleidungsstücke löschen, die auf einem Trockner und einer Waschmaschine gelegen hatten. Die Rettungskräfte evakuierten die Bewohner des Hauses und befreiten den Keller vom Rauch. Verletzt wurde niemand. Der Sachschaden fiel mit etwa 150 Euro gering aus. Die Polizei ermittelt dennoch in alle Richtungen und schließt Brandstiftung nicht aus.
Dass Feuerteufel in derselben Nacht sieben Müllcontainer ansteckten, steht für die Ermittler wohl schon fest. An der Schellingstraße und am Hegelring brannten gegen 0.20 Uhr jeweils ein Container. Zwei Stunden später, um 2.25 Uhr, wurde die Feuerwehr zu fünf brennenden Containern gerufen – wieder am Hegelring.
Neben zahlreichen Hausbränden in den vergangenen Monaten sind auch abgefackelte Container in Solingen keine Seltenheit. Allein im September und Oktober geht die Polizei bei Bränden in Wohnhäusern und einem Seniorenwohnheim jeweils von Brandstiftung aus – alle Feuer waren in Wald ausgebrochen. Dass bisher noch keine Personen ernsthaft zu Schaden gekommen sind, ist wohl reines Glück und erhöhter Aufmerksamkeit von Anwohnern zu verdanken.
Doch was treibt Brandstifter eigentlich an, Feuer zu legen und Menschenleben zu riskieren? Dr. Michael Schormann, Oberarzt der Psychiatrie I der LVR-Kliniken in Bonn, ist forensischer Psychiater. Er kennt sich aus mit Brandstiftern und weiß, welche Charaktereigenschaften typisch für sie sind. "In vielen Fällen sind die Täter unsicher, es mangelt ihnen an Selbstbewusstsein. Sie sind konfliktscheu und im Umgang mit anderen Menschen eher gehemmt", sagt der Arzt. Das Legen eines Brandes sei dann das Gegenteil von dieser Zurückgezogenheit, ein Ventil für ihre Unsicherheit. "Denn Brandstifter haben in dem Moment der Tat die Kontrolle, können sogar die unmittelbaren Folgen und Abläufe – etwa den Einsatz der Feuerwehr – kalkulieren." Das gebe den Tätern einen Schub für ihr Selbstbewusstsein, eine Befriedigung. "Auffällig ist außerdem, dass die meisten Brandstifter alkoholisiert sind, um ihre Hemmschwelle zu überwinden", sagt Schormann.
Wird das Verhaltensmuster zur Gewohnheit und folgt beim Täter eine Befriedigung durch die Brandstiftung, könne das auch in einer Sucht münden. Nicht selten würden die Täter dann unvorsichtiger, bei ihrer Enttarnung seien sie vor lauter Scham mitunter suizidgefährdet, sagt Schormann. Dass aber auch immer wieder Feuerwehrmänner wegen Brandstiftung verurteilt würden, sei zwar auffällig, "aber natürlich dürfen nicht alle Feuerwehrleute in einen Topf geschmissen werden", betont der Oberarzt.
Für ihn und seine Kollegen sei es aus wissenschaftlicher Sicht schwierig, mehr verlässliche Aussagen über Brandstifter zu treffen, da die Gruppe der Täter heterogen und die Aufklärungsquote der Fälle sehr gering sei. Auch in Solingen tappen die Ermittler bisher noch im Dunkeln.
Internet Weitere Berichte zu Bränden in Solingen finden Sie im Internet unter www.rp-online.de/solingen