Solingen Umbau mit Folgen

Solingen · Um die Voraussetzungen für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren zu schaffen, müssen die Kita-Träger viele Hürden nehmen. Die Zuschüsse von 20 000 Euro pro Platz reichen kaum aus, Erzieherinnen müssen sich fortbilden.

Kerstin Wittstruck (45) kommt aus der Ex-DDR. Ihr Berufsbild dort lautete Krippenerzieherin. "Wir bekamen Kinder ab sechs Wochen", erinnert sich die Gruppenleiterin der integrativen Kindertagesstätte an der Altmarkstraße. Sie hat ihren Kolleginnen aus dem Westen die Erfahrung im Umgang mit Kindern, die noch keine drei Jahre sind, voraus. Die werden künftig in allen Kindertagesstätten Einzug halten. Darauf bereiten sich die Erzieherinnen durch Hospitationen in anderen Einrichtungen oder Fortbildungsveranstaltungen vor. Eine Weiterbildung, die der Kita-Träger selbst finanzieren muss. Doch nicht nur beim Personal müssen diese etwas tun, auch die räumlichen Voraussetzungen sind zu schaffen, um schon die Kleinsten aufnehmen zu können.

Richtlinien aus Berlin

"Die Richtlinie kommen aus Berlin übers Land in die Kommunen und wir müssen nach dem Motto verfahren, friss oder stirb." Rolf Jacobi findet klare Worte zum Thema. Der langjährige Geschäftsführer des DRK und Vorstandsmitglied der Integrativen Kitas Pinocchio I und II weiß, dass mit 20 000 Euro Zuschuss, der fließt, kein U-3-Platz geschaffen und eingerichtet werden kann. "In einer zweigruppigen Einrichtung müsste ein Schlafraum für die kleinen Kinder eingerichtet werden, die Kleinen schlafen, die anderen spielen, das geht nicht", schildert Jacobi die Situation. In solchen Einrichtungen müsse angebaut werden. Wie auch in der Altmarkstraße, wo im Bereich der Außenspielflächen entsprechendes Gelände vorhanden ist. Mindestens zwei Quadratmeter, besser zweieinhalb sieht der Gesetzgeber für den Schlafplatz für Kinder unter drei Jahren vor. Es müssen zwei Räume angebaut werden für die zwölf Plätze, die an der Altmarkstraße entstehen. "Das bedeutet einen Zuschuss von 240 000 Euro, dafür kriegen sie das nicht gebaut", sagt Rolf Jacobi, "der Anbau kostet mehr als eine halbe Million." Hinzu kommt, dass mehr Mitarbeiter eingestellt werden müssen und für künftig 14 bis 15 Mitarbeiter eine Toilette kaum ausreicht.

Da macht sich das Problem mit dem Bettzeug noch harmlos aus. Drei Garnituren Bettwäsche sind es pro Kind, und das Bettzeug muss in getrennten Fächern in Schränken gelagert werden. Personell ist man auf die Kleinen in der Altmarkstraße gut vorbereitet. "Schon die Geräuschquelle wird eine andere sein", weiß die stellvertretende Leiterin Antje Ufer, nachdem sie in einer Kita hospitierte, die schon unter Dreijährige betreut. Doch mit Wickeln, schlafen und einem differenzierten Tagesrhythmus sind sie und ihre Kolleginnen bereits vertraut durch den Umgang mit behinderten Kindern. Früher kam kein Kind in die Kita, das noch Windeln trägt, das ist heute anders. "Jedes dritte Kind kommt mit Pampers", weiß Kerstin Wittstruck. Rolf Jacobi ist derweil sicher, dass er vom Jugendamt der Stadt auch künftig gut beraten und unterstützt wird bei der Umsetzung der Pläne aus dem Bund. Und er weiß auch: "Wer bei U-3 nicht mitmacht, ist weg vom Fenster."

(RP)
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