Solingen Ünlüs Wahl Absage an die Spalter

Solingen · Es machte den Eindruck, als wäre die Wahl der 31-Jährigen zur neuen Parteichefin der Linken eher ein Bekenntnis von 24 Mitgliedern gegen Dieter Keller gewesen. Denn ihre Rede war mehr ein emotionaler Aufruf, die Spaltung zu verhindern, als ein eigener programmatischer Beitrag.

In naher Zukunft muss die Solinger Kreispartei der Linken erneut zur Mitgliederversammlung einladen. In der Mammutsitzung am Dienstag war um 23.30 Uhr und damit viereinhalb Stunden nach Beginn gerade mal der geschäftsführende Parteivorstand gewählt. Der hat nun eine weibliche Doppelspitze mit Rebekka Mruck und Birgül Ünlü.

Die 31-jährige Ünlü hatte die Kampfabstimmung gegen Dieter Keller mit nur zwei Stimmen vor (24:22) für sich entschieden. Als Schatzmeister wurde Dieter Franken gewählt. Aber eigentlich soll der neue Vorstand — auch das wurde so bestimmt — zehn Mitglieder fassen. Keller sagte im Anschluss an seine Niederlage, die er akzeptiere, dass er überlege, sich nun als Beisitzer in den Vorstand wählen zu lassen. Zuvor hatte es jede Menge Anwürfe und Vorhaltungen in alle Richtungen gegeben.

Bündnispartner atmeten durch

Aber nicht nur im kleinen Saal des Restaurants Steinhaus — wo die Keller-Gegner kräftigen Applaus spendeten — wurde die Wahl mit Erleichterung zur Kenntnis genommen; auch im Engelbert-Saal gab es beim Empfang der IHK nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses hinter vorgehaltener Hand doch den ein oder anderen tief durchatmenden Bündnispartner. Denn mit dem Ratsmitglied Ünlü an der Spitze erhoffen SPD, Grüne und die BfS eine Fortsetzung des Kooperationskurses im Stadtrat.

Der hätte mit Dieter Keller an der Spitze ins Wanken geraten können, auch wenn dieser gegenüber seinen Parteigenossen versicherte, dass bei dem derzeitigen Stimmenverhältnis im Stadtrat die Zustimmung der Linken zum Sparpaket der richtige Weg gewesen sei. Er forderte aber, dass die Fraktion darüber hinaus deutlich machen müsse, dass linke Politik anders aussehe. Allerdings betonte er in der Versammlung noch einmal, dass er sich von niemandem vorschreiben lassen werde, mit wem er sich zu Gesprächen an einen Tisch setzen werde.

Fraktionschef Gerd Schlupp hatte Keller zuvor aufgefordert, auf offizielle Gespräche mit der MLPD-nahen "Solingen aktiv" zu verzichten. Keller indes verwies auf das Parteiprogramm der Linken, in dem darauf hingewiesen werde, dass man Bündnispartner brauche, um linke Ziele durchzusetzen. Auf Landesebene sind die Linken bereits stärker mit der DKP verwoben.

Appell an die Mitglieder

Mit Birgül Ünlü hat die Versammlung ein Mitglied an die Parteispitze gewählt, die die beiden Fronten nicht weiter spaltet, sondern — vielleicht — wieder einander annähern könnte: "Mich widert das Ganze an", brachte sie die internen Querelen der letzten auf den Punkt.

Ihre Rede war denn auch weniger eine Werbung in eigener Sache für eine bestimmte Parteirichtung oder ihre künftigen Ziele, als vielmehr ein Appell, die Partei nicht noch weiter zu spalten. Die Kurdin, die vor 22 Jahren nach Deutschland kam, sparte denn auch nicht mit Kritik in viele Richtungen.

Ihr Mit-Ratsmitglied Rainer Gerhards bekam ebenfalls sein Fett weg. Sie habe sich am Donnerstagmorgen zu einer Kandidatur gegen Dieter Keller entschieden, nachdem sie von Gerhards Kampfkandidatur gelesen habe. Sie hätte keine Probleme damit gehabt, mit Keller zusammenzuarbeiten, unterstrich Ünlü, die in Ratssitzungen bislang nicht aufgefallen ist.

Gerhards hatte in der Mitgliederversammlung einen schweren Stand und zeigte sich — anders als Fraktionschef Gerd Schlupp — gegenüber seinen Kritikern völlig unversöhnlich. Da mit Dieter Franken ein Unterstützer von Keller — übrigens von Franken unbeabsichtigt — in den Vorstand rutschte, hoffen manche Mitglieder auf einen Neuanfang mit mehr Einheit.

(RP)
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