Solingen Trend geht zur Urne

Solingen · Immer mehr Solinger Bestatter nutzen die Feuerbestattungsstätte in Wuppertal kurz hinter Gräfrath. Sie loben den guten Service, zumal immer mehr Menschen aus Kostengründen eine Einäscherung wünschten.

Mit großer Skepsis hatten die Solinger im Oktober 2008 die offizielle Eröffnung des Bergischen Krematoriums an der Stadtgrenze von Wuppertal und Solingen verfolgt. Die Gräfrather Anwohner befürchteten Gesundheitsschäden durch den Verbrennungsrauch am Westring. Und ein Teil der klingenstädtischen Bestatter hatte Angst, Wettbewerbsnachteile zu erleiden.

Denn an dem privaten Krematorium in direkter Nähe zum Autobahnanschluss Haan-Ost der A 46 sind zwar rund 40 Bestatter aus der Region beteiligt. Doch den größten Anteil hält ein Wuppertaler Beerdigungsunternehmer. Diesem, so die Sorge der Solinger Konkurrenz, würde man nur die Kasse füllen. Doch es entwickelte sich anders.

"Immer mehr Bestatter aus Solingen fahren dorthin", berichtet Jan Luchtenberg. Der Bestattermeister arbeitet im Betrieb seines Vaters Fritz, der Vorsitzender der klingenstädtischen Beerdigungsunternehmen ist. "Die Befürchtungen aus der Anfangszeit haben sich nicht bewahrheitet. Und ich habe bislang nur Gutes gehört." Luchtenbergs selbst, die früher das städtische Krematorium in Düsseldorf genutzt haben, fahren nur noch nach Wuppertal.

Dort boomt das Geschäft. Erst vor kurzem habe man die 10 000. Einäscherung gezählt, berichtet Hauptgeschäftsführerin Ulrike Ludwigs. War die Feuerbestattungsstätte anfangs mit 2000 Einäscherungen im Jahr gestartet, seien es mittlerweile etwa 4500. "Die Resonanz ist durchweg positiv", sagt Ludwigs. Die rund 120 Beerdigungsunternehmen, die das Krematorium regelmäßig nutzten, kämen unter anderem aus Solingen, Remscheid, Wuppertal, Leverkusen, Neuss und Essen. "Die Überführungskosten sind wesentlich geringer, die Urnen sind sehr viel schneller abholbereit, und der Neubau ist neutral gehalten und bietet einen würdigen Rahmen, falls Angehörige dabei sein wollen, wenn der Sarg in die Brennkammer einfährt", sagt Jan Luchtenberg. Insgesamt sei die Feuerbestattungsstätte kurz hinter Gräfrath ein Gewinn auch für die Solinger Beerdigungsinstitute.

Brigitte Siering sieht es genauso. "Ich bin rundum zufrieden", berichtet die Solinger Bestatterin. "Die Mitarbeiter sind sehr freundlich. Der Service ist erstklassig", lobt sie. Daher nutze auch sie nur noch das Bergische Krematorium. Zumal die Einäscherungen stetig zunähmen.

"Als ich 1996 anfing, hatte ich höchstens zehn Urnen im Jahr", berichtet die Bestatterin. "Heute werden fast 50 Prozent der Verstorbenen eingeäschert." Laut städtischer Statistik starben im vergangenen Jahr 2014 Solinger. Siering sieht den finanziellen Aspekt als ausschlaggebend. Denn eine Einäscherung sei günstiger als eine klassische Beerdigung. "Immer mehr Leute haben wenig Geld und müssen dann vielleicht noch ein Kind im Studium unterstützen", sagt sie.

Von Anwohnern in der Nähe des Krematoriums habe es keine Beschwerden mehr gegeben, berichtet Ulrike Ludwigs. "Es kommt ja auch nur Wasserdampf aus unserem Schornstein." Dies habe das Umweltamt bestätigt.

Auch Udo Vogtländer, dem Vorsteher der Gräfrather Bezirksvertretung, sind keine neuen Beschwerden oder Befürchtungen zu Ohren gekommen. "Das Krematorium ist kein Thema mehr", sagt Vogtländer.

(RP)
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