„Ich wollte nie auf die Bühne“ Dieser Song veränderte das Leben von Topic aus Solingen
Solingen · Topic zählt zweifelsohne zu den bekanntesten Größen der Elektronischen Tanzmusik „Made in Germany“. Der 31-Jährige spricht über seine Anfänge, seinen weltweiten Durchbruch und die Auftritte auf den großen Festival-Bühnen – von Parookaville bis Tomorrowland.
Sein Studio in Solingen hat Tobias Topic so gut wie aufgelöst. Im Keller seines Elternhauses im Stadtteil Wald hat er unzählige Stunden verbracht, um seine Karriere als Musikproduzent voranzutreiben. Am Mischpult entstanden sind hier zahlreiche erfolgreiche Songs, die von Festivals, aus den Charts und vor allem aus dem Radio nicht mehr wegzudenken sind. So vergeht kein Tag, an dem „Solo Para Ti“ oder „Breaking Me“ nicht bei irgendeinem Sender mindestens einmal auf der täglichen Playliste stehen.
Der Klingenstadt hat der 31-Jährige inzwischen den Rücken gekehrt. Seine Hits produziert Topic mittlerweile zu einem Großteil in seiner Wahlheimat Dubai. In erster Linie war es die Sonne, die den Deutsch-Kroaten gemeinsam mit seinem Musikerkollegen Alexander Tidebrink („A7S“) in die Vereinigten Arabischen Emirate gelockt hat. „Aber auch, weil Dubai ein zentraler Standort fürs Reisen ist“, gibt Topic zu. In Indien sei man in zwei Stunden, zudem seien Asien und Australien von dort aus – im Vergleich zu Europa – nur einen Katzensprung entfernt.
Topic lacht bei der Vorstellung, dass er dem Künstler-Klischee folgend ein Loft oder eines der Wolkenkratzer-Appartements in Dubai bezogen haben könnte. „Aus Solingen kommend ist man ja quasi keine Großstadt gewohnt, also habe ich mir etwas außerhalb der Stadt gesucht. Jetzt wohne ich in einer Reihenhaus-Siedlung.“ Und immer wenn sein prall gefüllter Terminplan drei, vier freie Tage vorsieht, versucht er, an den Persischen Golf zurückzufliegen.
„Breaking Me“ hat sein Leben verändert. „Wie kein anderer Song zuvor“, gibt Topic zu. Zusammen mehr als fünf Milliarden Streams zählt der Dance-Track auf diversen Plattformen, der 2020 in mehreren Ländern ganz weit oben in den Charts platziert war. „Dass es ein derart Riesenhit werden würde, damit hätte ich niemals gerechnet.“ Die Reaktionen im Freundeskreis vor der Veröffentlichung hatten ihn allerdings hoffen lassen: „Als ich ,Breaking Me‘ angespielt habe, wollten sie den Song immer wieder hören – und da das nicht alle Tage der Fall war, musste er etwas Besonderes sein.“
Plötzlich stand Topic als heute einer der bekanntesten deutschen Produzenten Elektronischer Tanzmusik (EDM) weltweit im Rampenlicht – knapp vier Jahre nach seiner ersten großen Erfolgsproduktion, die „mich überhaupt erst so richtig in die Musikwelt katapultiert hat“. „Home“ – mit der markanten Gesangsstimme von Nico Santos – erreichte 2016 nicht nur in Deutschland Platinstatus, sondern auch in Australien.
„Bis dahin habe ich gefühlt irgendwie nur ein bisschen Musik am Laptop gemacht“, auch wenn Topic zu diesem Zeitpunkt bereits sein Debütalbum „Miles“ mit Chartplatzierungen in Deutschland und Österreich veröffentlicht hatte. Bis heute ist der Solinger seinem damaligen Musiklehrer für das Projekt dankbar, sich in der zehnten Klasse ein halbes Jahr lang im Unterricht mit einer Software beschäftigen zu müssen. „Am Ende des Halbjahres sollte ein Song stehen.“ Topic brachte sich alles selbst bei und ließ in seiner Begeisterung sogar die Playstation außer Acht. Der entscheidende Impuls für eine erfolgreiche Karriere im Musikgeschäft.
Nach „Home“ wurde es vergleichsweise ruhig um Topic. „Ich war zum Glück nie extrem auf den Erfolg von Songs fixiert, so dass ich den Spaß an der Musik nie verloren habe.“ Und er ist seinem unverkennbaren Stil treu geblieben, der ihm den Weg auf die größten EDM-Festivalbühnen der Welt geebnet hat.
„Ich wollte nie DJ werden – ich wollte nie auf die Bühne“. Tobias Topic wollte eigentlich nur Musik produzieren. Aus seinem Umfeld bekam er jedoch immer wieder zu hören, dass er es genauso machen müsse wie „Alle Farben“ oder Robin Schulz und die Musik auflegen und einem Live-Publikum zu präsentieren, die er produziere. Er ließ sich überzeugen.
2015 war Topic noch unter den Besuchern bei „Tomorrowland“ und wagte damals nicht zu träumen, selbst einmal bei dem riesigen Open-Air-Festival im belgischen Boom auf der Hauptbühne einer der Headliner zu sein. 2022 wurde der Traum wahr: „Dieser Auftritt ist bis heute der emotionalste Moment, den ich erleben durfte.“ Seine Show ist sogar Teil der Dokumentation „We Are Tomorrow“, die auf YouTube veröffentlicht wurde.
Vom ersten Auflegen im kleineren Rahmen bis zu Events vor Zehntausenden Besuchern wie dem „Untold Festival“ in Cluj-Napoca (Rumänien) oder dem „Amsterdam Music Festival“ der Johann-Cruiff-Arena in den Niederlanden hat es rund fünf Jahre gedauert. „Diese Kulissen sind schon extrem. Und es ist fantastisch, jedes Mal zu erleben, dass die Leute überall auf der Welt deine Songs kennen.“
Das gilt ganz besonders für sein „Heimspiel“: Seit 2016 ist Topic Stammgast bei „Parookaville“ auf dem Flughafengelände in Weeze. „Das ist wie nach Hause kommen, auch weil ich dort viele Freunde treffe.“ Und der Weltreisende nutzt dann natürlich die Gelegenheit, seine Mutter und seinen Bruder in Solingen wiederzusehen.
Topic macht kein Geheimnis daraus, dass er die Arbeit im Studio der als DJ vorzieht. „Klar hat man sich irgendwie daran gewöhnt, dass man im Sommer nicht mehr in Urlaub fährt, sondern von Festival zu Festival tourt.“ Wenn man so viel unterwegs sei, leide die Studioarbeit leider ein wenig darunter.
Wie viel Freude er am Sound-Tüfteln hat, unterstreicht ein Kostenpflichtiger Inhalt besonderes Projekt mit den Bergischen Symphonikern, das bei zwei ausverkauften Konzerten der Reihe „On Fire“ in Solingen und Remscheid rund 1600 Besucher begeisterte. Dirigent Miki Kekenj arrangierte „Breaking Me“, „Home“ oder „Your Love (9PM)“ für Geigen, Bläser, Harfe und Co. Topic verließ dafür seine musikalische Komfortzone und wurde als DJ Teil des Orchesters, indem er extra abgemischte Beats live dazu steuerte. „Ich hatte mir nicht vorstellen können, wie das funktionieren soll. Aber es hat perfekt funktioniert.“ Gerade weil sich die Topic-Songs mit ihrem melodischen Charakter in andere musikalischen Welten transportieren lassen.
An beiden Abenden ließ es sich Topic nicht nehmen, im Teo Otto Theater in Remscheid und im Großen Konzertsaal in Solingen für Festival-Stimmung zu sorgen – unter anderem mit seiner aktuellen Single „Lucid Dream“, die dem Trend der schnelleren Beats und des 90er-Sounds in der Elektronischen Musik folgt. „Man gewinnt den Eindruck, die Leute haben nach der Corona-Pandemie wieder Lust auf schnellere Musik.“ Das beobachte er vor allem auf Festivals, wenn er Songs anspiele, weil er selbst Lust darauf habe und dann merke: Die Leute wollen das auch. „In diesem Moment bekommt man die Energie zurück und geht selber noch mehr ab.“ Ganz egal vor welcher Kulisse.