Solingen Tauziehen um die Wupper

Solingen · Die Wupper ist einzigartig. Logisch, dass Kanutouren immer beliebter werden. Dafür werden jetzt Spielregeln mit Nachbarstädten festgezurrt. Angler, Wanderer und Naturschützer sehen den Fluss aber ganz anders als die Paddler.

Wupperflößen 2009: Gaudi auf Wasser
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Wupperflößen 2009: Gaudi auf Wasser

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Thomas Becker hat diesmal Glück. Die Wupper hat genug Wasser. Bei 60 Zentimetern muss der Pegel stehen. Das ist erreicht; und der Kanutour-Anbieter kann mit seinen Booten von Wipperkotten aus starten. Von hier aus geht es flussabwärts bis Opladen — 15 Kilometer Spaß für Familien, Kollegen auf Betriebsausflug und häufig Schulklassen, die bei Becker eine geführte Paddeltour buchen.

Das ist Erlebnistourismus, erlebt Becker die Begeisterung während der Touren auf einem Fluss, der sich abwechslungsreich durch eine sehenswerte Landschaft schlängelt. "Die Wupper", sagt der frühere Kanuleistungssportler, "ist etwas Besonderes."

Seine Freude ist jedoch getrübt angesichts der Auflagen. "Man muss doch nicht die Regelwut erfinden." Klar ist, dass mit dem wieder sauber gewordenen Fluss, der einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt sowie dem gestiegenen Freizeitbedürfnis in der Natur unterschiedliche Interessen aufeinandertreffen: Kanuten, Angler, Ausflügler, aber auch Naturschützer, die sich über den Eisvogel freuen.

"Paddeltouren werden immer beliebter. Wir brauchen einheitliche Regeln", betont Ernst-Friedrich Honscheid vom Stadtdienst Natur und Umwelt. Für ihn macht es keinen Sinn, hier nicht mit den Nachbarn Remscheid, Wuppertal, Leverkusen sowie dem Rheinisch-Bergischen-Kreis zusammenzuarbeiten — zumal mitunter die Stadtgrenzen in der Flussmitte verlaufen. Solingen hat jedenfalls bereits Verhaltensmaßnahmen festgelegt. Das Fahren ist gestattet, wenn nicht mehr als vier Personen im Boot sitzen, die festgelegten Ein- und Ausstiegsstellen genutzt werden und die Wupper genug Wasser hat.

Der Pegel von mindestens 60 Zentimetern, gemessen in Opladen, ist für Honscheid dabei freilich die wichtigste Regel. So bleibt unter den Kunststoffbooten genug Platz. Er erwartet, dass sich die vier Städte und Kreise in den nächsten Wochen auf ein einheitliches Regelwerk einigen. Das wäre ein Durchbruch. Nur bei Kleinigkeiten liegt man noch auseinander.

Zusätzliche Eckpunkte sind das Tourleiter-Modell und eine Zeitenregelung. Pro zehn Kanus soll ein geschulter Leiter, der auch ökologisch versiert ist, die Gruppe begleiten. Frühmorgens und abends, wenn die Fliegenfischer im Fluss stehen, soll nicht mehr gepaddelt werden dürfen.

Horst Engels vom Angelverein Burg ist Fliegenfischer. Er sieht inzwischen immer mehr Forellen, die doch so sehr auf sauberes Wasser angewiesen sind. "Wir haben nichts gegen Kanuten", setzt er auf Partnerschaft. Seine Beobachtung: "Schwarze Schafe gibt es immer. Doch das sind Ausnahmen." Die gemeinsame Frühjahrs-Reinigungsaktion am Wupperufer wertet er als ein gutes Zeichen. Erstmals hat das so stattgefunden. Kanutouren-Anbieter Becker hat dafür seine Boote zur Verfügung gestellt. Beim Miteinander zwischen Paddlern und Anglern sieht der allerdings noch Nachholbedarf. "Es ist ein problematisches Verhältnis. Das muss besser werden."

Rutscht der Pegel unter die magische Marke von 60 Zentimetern, was zuletzt eigentlich ständig vorkam, kann Becker bei seinen Touren nur die 8,5 Kilometer lange Ausweichstrecke vom Parkplatz Burgholz an der L 47 bis Müngsten anbieten. Wegen des schmaleren Flussbetts steht das Wasser hier höher. Becker begrüßt indes, dass nur geführte Kanutouren erlaubt sind. Dies verhindert, dass sich Freizeitkapitäne bei Bootsverleihern bedienen und zuhauf unkontrolliert auf eigene Faust den Fluss hinunterschippern.

Der Solinger mahnt aber, ihm und seinen Touranbieter-Kollegen bei all den Einschränkungen die wirtschaftliche Luft zum Atmen zu lassen. "Sonst kann man demnächst Kanutouren auf der Wupper vergessen und Solingen hätte ein höchst attraktives Angebot weniger." An die schönste Strecke — und zwar von Müngsten aus unter der riesigen Eisenbahnbrücke hindurch bis Wupperhof — mag er bei der jetzt vollends angelaufenen Saison erst gar nicht denken. "Das ist ein Wunschtraum, den wir nicht erfüllt bekommen. Das lassen die Naturschützer nicht zu."

(RP)
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