Solingen Tauschen statt kaufen in der Stadtbibliothek

Solingen · Kleidung, die man nicht mehr trägt, einzutauschen - das ist das Prinzip des "Tauschrauschs".

Die schicke Hose, die der Sohn von Petra Rosendahl nur ein einziges Mal getragen hat, liegt nur ein paar Minuten auf dem langen Tisch, dann hat sie einen neuen Besitzer gefunden. Und auch Petra Rosendahl selbst hat zwischen Pullovern und Blusen, Kleidern und Röcken ein mögliches neues Lieblingsteil entdeckt: eine leichte, schwarze Sommerhose. "Die gefällt mir richtig gut", sagt die Ohligserin, "die probiere ich auf jeden Fall mal an".

"Kleidung weiter nutzen - andere Wege zum neuen Stil" lautete am Samstag das Motto bei der Kleidertauschbörse "Tauschrausch", die erstmals in der Stadtbibliothek stattfand - und richtig gut ankam: Bereits kurz nach dem Start um zwölf Uhr war der Andrang im Lichtraum der Bibliothek groß. "Wir haben alle die Schränke voll, da finde ich die Idee des Tauschens, auch unter ökologischen Gesichtspunkten, richtig gut", sagt Petra Rosendahl, bevor sie sich auf den Weg zu der provisorischen Umkleide macht.

Das Konzept des Tauschrauschs, der am Samstag vom Jugendstadrat und der Agenda-Geschäftsstelle mit Unterstützung der Stadtbibliothek und des Teams des Stoffwechsel-Trödels organisiert wurde, ist einfach: "Man bietet Sachen, die man nicht mehr nutzt, aber trotzdem immer noch im Schrank liegen hat, zum Tausch an - und tritt damit dem Kaufwahn entgegen", sagt Yvonne Enders von der Geschäftsstelle des Jugendstadtrats.

Die Projektgruppe Pro Agenda/ Contra Nazis des Jugendstadtrats hat die Idee zu der Kleidertauschbörse entwickelt, unter anderem im Rollhaus wurde im vergangenen Jahr bereits getauscht. "Wir tingeln zu verschiedenen Orten", sagt Yvonne Enders, so könnten in unterschiedlichen Räumen auch unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden. In der Stadtbibliothek ist der Tauschrausch ein Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung "Ich und meine Stadt - Zukunft gestalten".

Der Tauschrausch funktioniert ohne komplizierte Regeln, ohne Kontrolle - und auf reiner Vertrauensbasis: "Niemand kontrolliert, ob einer drei Teile mitbringt und vier mitnimmt. Denn jeder entscheidet selbst, was er gegen seine Sachen tauschen möchte. Und auch wenn man nichts hat, kann man gerne etwas mitnehmen", so Yvonne Enders. Wichtig, sagt Anja Esser, vom Team des "Stoffwechsel", das regelmäßig den Stoffwechsel-Trödel in der Cobra organisiert, sei lediglich, dass die Sachen im Umlauf seien und blieben.

"Viele Kleidungsstücke werden nach wie vor unter schlimmen Bedingungen hergestellt", sagt Ariane Bischoff von der Agenda-Geschäftsstelle. "Ein Ansatz ist es da, Kleidung möglichst lange zu nutzen, darauf zu achten, Dinge zu kaufen, die auch nach 30 mal waschen noch gut aussehen." Zu tauschen statt zu kaufen, auch bei Kleidung auf Nachhaltigkeit zu achten. "Deutschland ist Weltspitze im Klamottenkauf, 18 Kilogramm kauft jeder Bundesbürger pro Jahr", sagt Ariane Bischoff.

"Es ist toll, dass man hier ohne Geld neue Klamotten bekommt und gleichzeitig Sachen los wird", sagt Mina Leitner (21). Der ökologische Gedanke spiele für sie in jedem Fall eine Rolle, fügt Lea Bünten (17) hinzu. "Es wäre schön, wenn es so etwas regelmäßiger und in einem größeren Rahmen geben würde", finden die jungen Solingerinnen.

(mxh)
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