Rekord-Mobbingklage gescheitert Stadtangestellte kündigt neue Klage an

Solingen · Das Landesarbeitsgericht weist die Mobbing-Klage einer Stadtbediensteten auf 893.000 Euro Schmerzensgeld zurück. Die Frau kündigte aber weitere Schritte an. So konnten ihre E-Mails über Jahre mitgelesen werden.

 Gudrun M. am Dienstag vor dem Landesarbeitsgericht. Die 53-Jährige liegt seit Jahren mit der Stadt im Streit. Sie fühlt sich weiter von ihren Chefs gemobbt.

Gudrun M. am Dienstag vor dem Landesarbeitsgericht. Die 53-Jährige liegt seit Jahren mit der Stadt im Streit. Sie fühlt sich weiter von ihren Chefs gemobbt.

Foto: P. Esser

Das Urteil traf Gudrun M. hart. Die Rechnungsprüferin der Stadt, die sich schon Jahre von ihren Vorgesetzten schikaniert fühlt, ist auch in zweiter Instanz, diesmal vor dem Landesarbeitsgericht in Düsseldorf, mit einer Klage auf 893.000 Euro Schmerzensgeld wegen angeblichem Mobbing gescheitert. Die Richter wiesen die Argumente der 53-Jährigen am Dienstag als nicht stichhaltig zurück.

Dabei war die Klägerin zunächst noch optimistisch gewesen. Als die studierte Diplom-Ökonomin am Vormittag zum Verkündungstermin in Saal 107 des Düsseldorfer Gerichtsgebäudes erschien, scherzte sie mit den zahlreich erschienenen Fotografen und ließ sich von ihnen bereitwillig ablichten. Später aber, nach dem Urteil, kämpfte die Angestellte des stätischen Revisionsdienstes darum, die Haltung zu wahren. "Das ist empörend. So haben die Täter gewonnen", sagte Gudrun M. mit tränenerstickter Stimme.

Zuvor hatte das Landesarbeitsgericht, wie bereits das Solinger Arbeitsgericht vor einem Jahr, die Argumente der 53-Jährigen in Gänze zerpflückt. Die Klägerin, die seit 1997 für die Stadt arbeitet, habe nicht einmal ansatzweise nachweisen können, von ihren Vorgesetzten über Jahre schikaniert worden zu sein. Darüber hinaus lehnten es die Richter ab, das neue Urteil zur Revision zuzulassen.

Dennoch ist es möglich, dass sich die Stadt und ihre Bedienstete bald ein nächstes Mal vor Gericht treffen. Denn Gudrun M. kündigte noch im Gerichtssaal an, erneut gegen ihren Arbeitgeber zu klagen. "Meine E-Mails wurden mehrere Jahre ausspioniert", sagte die Diplom-Ökonomin.

Der Hintergrund: Nachdem die Rechnungsprüferin im Jahr 2009 wegen angeblicher Arbeitszeit-Schummeleien zwischenzeitlich von der Stadt entlassen wurde, bekam einer ihrer Vorgesetzten einen Zugang zu dem dienstlichen Mail-Konto der 53-Jährigen. Und diese Berechtigung blieb bestehen — auch dann noch, als die Angestellte erfolgreich gegen ihre Kündigung vorgegangen war.

Das bestätigte am Dienstag ein Sprecher der Stadt auf Anfrage unserer Zeitung. Die Deaktivierung der Zugangsberechtigung sei schlicht vergessen worden, sagte der Rathaussprecher. Inzwischen seien die E-Mails aber wieder nur von Gudrun M. einsehbar.

"Zudem wurden alle Aufrufe des Kontos in der Zeit von Dezember 2012 bis Februar 2013 überprüft", so der Rathaussprecher. Unberechtigte Zugriffe habe es jedoch nicht gegeben, so dass die Stadt einer möglichen neuen Klage gelassen entgegensehe. "Wir sind sicher, auf der sicheren Seite zu sein", sagte der Sprecher. Von "Bespitzelung" könne keine Rede sein.

Derweil bemühte sich das Rathaus, auch versöhnliche Signale auszusenden. "Unsere Hand bleibt ausgestreckt", sagte der städtische Personalchef Jochen Welp. Allerdings müsse die Angestellte nun erklären, wie es weitergehen könne, so Welp.

Eine Möglichkeit bestünde darin, ein Versöhnungsgespräch mit allen Beteiligten anzuberaumen. Ein Sprecher des Landesarbeitsgerichts regte eine solche Lösung am Dienstag noch einmal an. "Das wäre sicher das Beste", so der Sprecher.

Dass es dazu kommt, erscheint aber eher unwahrscheinlich. Denn bislang scheiterten alle Vermittlungsversuche an der Forderung von Gudrun M., ihre Vorgesetzten müssten zuvor das Mobbing zugeben und sich bei ihr entschuldigen. Davon rückte die Angestellte auch am Dienstag nicht ab. "Ich werde weiterhin gemobbt", sagte die 53-Jährige. So trauten sich viele Kollegen nicht, mit ihr zu sprechen, da diese ansonsten selbst Schikanen zu befürchten hätten.

"Ich halte das nicht mehr lange aus", sagte die Angestellte. Aufgeben komme für sie aber nicht infrage. Sie werde sich weiter wehren und für ein hohes Schmerzensgeld kämpfen. Gudrun M.: "Das soll schließlich abschrecken."

(RP/rl)
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