Solingen Stadt stur bei gefeuerter Frau

Solingen · Putzkraft wurde entlassen, da sie angeblich 25-Cent-Pfandflasche klaute. Streit ist vor Gericht.

Der Vorsitzende Richter des Arbeitsgerichts hatte wirklich alles probiert. Aber die Vertreter der Stadt Solingen blieben hart. Nachdem eine Reinigungskraft, die zuvor 25 Jahre bei der Stadt in Lohn und Brot gestanden hatte, im vergangenen Dezember gefeuert worden war, weil sie angeblich versucht hatte, in der Grundschule Meigen zwei leere Wasserflaschen zu stehlen, war die Frau juristisch gegen den Rauswurf vorgegangen (wir berichteten).

Allerdings, da ein Vergleichsvorschlag bei einem ersten Gütetermin im Februar am Ende doch nicht die nötige Zustimmung aller Beteiligten fand, ging die Farce um 25 Cent Pfandgeld gestern in die nächste Runde. Und wird noch einmal eine Verlängerung erfahren, weil auch jetzt keine Einigung erzielt werden konnte. Die Stadt weigerte sich nämlich, die langjährige Angestellte wieder einzustellen. Das Vertrauen sei kaputt, hieß es.

Dabei ist die Sache eigentlich ganz einfach. Schon öfter waren im vergangenen Jahr an der Schule in Meigen Dinge auf wundersame Weise abhanden gekommen – als sich die Verantwortlichen schließlich entschlossen, dem Treiben durch gezieltes Auslegen eines Köders ein Ende zu bereiten. Der Köder, das waren in diesem Fall besagte Wasserpullen aus Plastik, die man direkt neben einem Papierkorb platzierte. Eine Falle also, in die dann schließlich die Putzfrau lief, indem sie die beiden Flaschen an sich nahm.

Nun gehört gleichwohl zum einfachen Jäger-ABC auch die Binsenweisheit, wonach in Fallen nicht nur jene plumpsen, die die Waidmänner im Visier haben. Nein, bisweilen verfangen sich andere ebenfalls in ausgelegten Fußangeln – und genau zu der Gruppe zählt sich die Reinigungskraft. Die Frau war seinerzeit vom Hausmeister der Schule zur Strecke gebracht worden, der wohl beobachtet hatte, wie sie die eigens markierten Flaschen griff. "Aber ich wollte sie doch nur mit dem Müll wegwerfen", ließ die des Deutschen kaum mächtige Frau gestern über einen Dolmetscher ausrichten. Und überdies, so fuhr sie fort, habe sie gar nicht gewusst, dass auf den Flaschen noch Pfand sei.

Ein entscheidender Punkt. Denn sollte die Reinigungskraft wirklich keine Kenntnis von dem Wert gehabt haben – und das Gegenteil dürfte ihr schwer nachzuweisen sein – dann hätte sie, so der Vorsitzende Richter Thomas Maercks, ja nur in bester Absicht gehandelt. Maercks: "Eine gute Putzfrau kann den Anblick von ,Müll' nun mal nicht ertragen." Ertragen müssen aber alle Beteiligten einen weiteren Termin. Das Angebot einer Abfindung lehnte die Anwältin der Frau, Stefanie Reichel, nämlich ab. Sie mutmaßte vielmehr später gegenüber unserer Zeitung, die Stadt wolle durch die Kündigung vor allem Personal in der eigenen Putzkolonne einsparen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort