Eiskunstlauf Wenn Sekunden ewig dauern

Der "Weihnachtszauber auf dem Eis" lockte mehr als 800 Zuschauer in die Solinger Eissporthalle – und sie ließen sich von den Eiskunstläufern des Solinger Turnerbundes unter anderem nach Indien entführen.

Der "Weihnachtszauber auf dem Eis" lockte mehr als 800 Zuschauer in die Solinger Eissporthalle — und sie ließen sich von den Eiskunstläufern des Solinger Turnerbundes unter anderem nach Indien entführen.

Um dem großen Stress unmittelbar vor dem Auftritt aus dem Weg zu gehen, haben sich die kleinen und größeren Eisläufer frühzeitig umgezogen. Als sich aber der siebte Programmpunkt beim "Weihnachtszauber auf dem Eis" dem Ende neigt, kann die Aufregung und der Stress nicht mehr vermieden werden. Denn diese Aufführung leitet direkt über zu "Bollywood".

Bei der Showeinlage dreht sich alles um Indien. Dieser außergewöhnliche Programmpunkt hat das Organisationsteam einfach gereizt: "Keine unserer Aufführungen wird zwei Mal gespielt. Wir denken uns also immer wieder neue Choreographien und Mottos aus. Es war einfach eine tolle Herausforderung, Indien tänzerisch darzustellen", erklärt Pressesprecherin Christiana Hinger.

In der Umkleide trifft das Kabinen-Team letzte, hektische Vorkehrungen, bevor die Eissterne auf dem Eis strahlen können. Dem einen oder anderen fehlt noch das indische Markenzeichen: der rote Punkt zwischen den Augenbrauen. Ein letztes Mal wird an den aufwändigen, mit bunten Perlen verzierten Haaren herumgezupft.

Jenny Stock ist seit drei Jahren Eisläuferin. Heute spielt die Neunjährige einen der indischen Eissterne. Schnell wird ihr noch etwas Puder ins Gesicht gepinselt und ihr Lippenstift nachgezogen. "Jetzt aber schnell nach vorne", drängeln die helfenden Mütter. Dann haben sich auch die letzten perfekt gestylt und hinter der Kulisse am Eingang zur Eisfläche eingefunden. Fast 40 Eisläuferinnen zwischen sechs und 15 Jahren warten auf den Start ihrer seit September geprobten Aufführung.

Farbenfrohe Vielfalt

Einheitlich sind alle in einen Sari gehüllt. Das traditionelle indische Kleidungsstück besteht aus einem langen Tuch, das geschickt um den Körper gewickelt wird. Durch die farbenfrohe Vielfalt und der unterschiedlichsten Muster wird die Individualität der Protagonisten hervorgehoben. Den wartenden Eisläuferinnen kommen die wenigen Sekunden bis zum Auftritt wie eine Ewigkeit vor. Diese Zeit nutzen die Künstler, um ihre Schrittfolge noch einmal im Stand durchzugehen. Oder es wird vorsichtig mit den bereits angezogenen Schlittschuhen herum gehüpft, um der Kälte ein wenig auszuweichen.

So kurz vor Beginn der Kür kribbelt der Bauch enorm, auch bei Jenny Stock: "Ich bin zwar schon mal beim Weihnachtszauber mitgelaufen, aber die Aufregung kommt vor jedem Auftritt. Wenn ich dann aber alles gut hinter mich gebracht habe und das Publikum applaudiert, bin ich richtig stolz." Einige Helfer rücken Requisiten hinter der Kulisse hin und her, bereiten alles für das Highlight "Bollywood" vor.

Gelbe, blaue und rote Scheinwerfer verwandeln die Eisfläche zu einem Lichtermeer. Indische Musik unterstützt die Spannung im Publikum, auf das was kommt. Es dauert nicht lange, bis das Publikum einen gemeinsamen Rhythmus gefunden hat und die Eisstars klatschend anfeuert. Dann werden vier Eisläuferinnen liegend und versteckt unter einer orangen Bedeckung, auf einem kleinen Podest in die Mitte der Halle geschoben. Langsam wird der leuchtende Vorhang an einem Seil nach oben gezogen. Die Eisläuferinnen darunter bewegen sich elegant von dem Podest und beginnen mit ihrer Choreographie.

Rund 20 Minuten lang wird den Zuschauern tanzend eine Geschichte erzählt. Im Mittelpunkt dabei steht eine indische Hochzeit. Die Schrittfolge umfasst einige schwierige Figuren — so wie den "Kreisel". Bei dieser Figur setzen sich die Eissterne zu zwei Kreisen zusammen, die sich jeweils in entgegen gesetzte Richtungen drehen. Philippe Carouge verfolgt die Aufführung hinter den Kulissen. Er muss ständig Koordinations-Vorkehrungen treffen können: "Über Funkgeräte bin ich mit den Technikern verbunden. Wir müssen flexible Entscheidungen über die Länge der Lieder oder die Einstellung des Lichtes austauschen können."

Regen aus Rosen und Teddybären

Die Darbietung wird mit einem intensiven Applaus belohnt. In einem Regen aus Rosen und Teddybären verlassen die Eissterne ihre Bühne. Jenny Stock läuft beladen mit Kuscheltieren und Blumen sowie mit einem zufriedenen Lächeln zurück hinter die Kulissen: "Das hat gut geklappt. Bei den Gruppenfiguren gab es einige winzige Patzer, die für das Publikum aber unsichtbar waren". Viel Zeit hat sie nicht, um sich über ihre Geschenke zu freuen. Sie muss sich für den nächsten Auftritt direkt wieder umziehen.

(RP)
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