Fechten Olympische Gefühle

Heute fliegt Richard Hübers nach Singapur, bereits am Sonntag wird der Säbelfechter bei den ersten Olympischen Jugendspielen um eine Medaille kämpfen. Die Konkurrenz ist klein, aber erlesen.

Den Trainingsplan bei Bayer Dormagen hat Richard Hübers etwas durcheinandergebracht. Jetzt in den Sommerferien sollen hier eigentlich alle Fechter ihre wohl verdiente Sommerpause genießen. Aber ohne Training bei Olympischen Spielen antreten, macht wenig Sinn. "Und nur mit dem Trainer arbeiten auch nicht", sagt der 17-Jährige. So schauten in den letzten anderthalb Wochen die Säbelfechter Nicolas Limbach oder Max Hartung vorbei, um Richard Hübers bei der Vorbereitung auf den großen Wettkampf zu unterstützen.

Richard Hübers ist kribbelig. Weit mehr als vor seiner Teilnahme an den Kadetten-Weltmeisterschaften in Baku (Aserbaidschan), wo er sich im April mit dem Gewinn der Goldmedaille die Startberechtigung bei den ersten Olympischen Jugendspielen gesichert hatte. "So etwas macht man schließlich nicht alle Tage", sagt er. Heute beginnt für den Solinger das Abenteuer. Nach einem zwölfstündigen Flug wird Richard Hübers zusammen mit den weiteren 69 Athleten aus dem deutschen Team am Donnerstag um 16 Uhr Ortszeit in Singapur landen.

Viel Zeit, sich zu akklimatisieren, wird er nicht haben. Bereits am Sonntag ermitteln die Säbelfechter einen der ersten Jugend-Olympiasieger. "Ich würde mich freuen, wenn ich der erste Sportler sein könnte, der für Deutschland eine Medaille holen würde." Dafür fühlt sich der Kadetten-Weltmeister gut in Form. Trotz der hohen Luftfeuchtigkeit in Asien, "dürfte das konditionell kein Problem werden". Im Vergleich zu Europa- oder Weltmeisterschaftem startet in Singapur in den einzelnen Wettbewerben jeweils nur ein erlesener Kreis, der aber zur Weltspitze gehört.

Im Säbel-Wettbewerb trifft Richard Hübers die besten Fechter aus Italien, Frankreich, Russland, USA, Hongkong, Korea oder Ägypten wieder, die auch bei der WM in Aserbaidschan weit vorne gelandet waren. In zwei Vorrunden-Gruppen wird die Setzliste für die Direktausscheidung ermittelt, die mit dem Achtelfinale beginnt. "Angeblich soll das International Convention Centre mit 3000 Plätzen schon ausverkauft sein." Vor so einer Kulisse hat Richard Hübers noch nie gefochten.

Fast noch mehr freut sich der Solinger auf die Eröffnungsfeier der ersten Olympischen Jugendspiele am Samstag. "Die findet statt auf einem schwimmenden Plateau vor der Skyline von Singapur. Das stelle ich mir total faszinierend vor." Wie jeder Sportler träumt auch Richard Hübers davon, die deutsche Equipe anzuführen. "Das wäre besonders cool, wenn ich bei der Eröffnungsfeier die Fahne tragen dürfte. Das würde ich sehr gerne machen."

Ein Gefühl dafür hatte der Schüler der Dormagener Internats Knechtsteden vor knapp drei Wochen in Berlin bekommen dürfen. Beim "Youth Olympic Day" vor dem Brandenburger Tor in Berlin hatte er sich zusammen mit den anderen deutschen Teilnehmern rund 10 000 Besuchern vorgestellt. Als einer der letzten Athleten lief Hübers ein und fand sich damit bei der Zeremonie zufällig in der Mitte hinter dem entzündeten Olympischen Feuer wieder. An dieser Stelle übergaben Bob-Pilot André Lange und Basketballer Dirk Nowitzki symbolisch jene zwei Fahnen an die Mannschaft, die sie selbst zu den Olympischen Spielen hatten tragen dürfen. "Dirk Nowitzki stand direkt vor mir. Da kam ich mir mit meinen 1,95 Metern total klein vor."

Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees, schaute in Berlin unmittelbar nach der Auftaktveranstaltung am Stand des Deutschen Fechter-Bundes vorbei, um Richard Hübers sowie die den ebenso in Singapur startenden Fechtern Anja Musch und Nikolaus Bordoczi alles Gute zu wünschen. "Das motiviert, wenn man einem ehemaligen Olympiasieger die Hand schütteln darf."

Obwohl Richard Hübers schon am Sonntag ins Geschehen eingreift, wird er wie alle anderen knapp 3600 Sportler aus 205 Ländern bis zum 27. August in Singapur bleiben. Die Wettkämpfe werden ergänzt von einem kulturellen und pädagogischen Programm, an dem jeder Athlet teilnehmen muss. "Olympische Erziehung" heißt das offiziell. "Mal schauen, was mich abseits der Sporthallen alles erwartet". Alles neue Erfahrungen.

(RP)
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