Sportlerwahl In der Ruhe liegt ihre große Stärke

Solingen · Kim Treudt-Gösser entschied sich bewusst gegen schnelle Erfolge – nun erntet die Degenfechterin des Wald-Merscheider TV die ersten Früchte.

Sportlerwahl: In der Ruhe liegt ihre große Stärke
Foto: Radtke, Guido (gra)

Kim Treudt-Gösser entschied sich bewusst gegen schnelle Erfolge – nun erntet die Degenfechterin des Wald-Merscheider TV die ersten Früchte.

Angst oder Respekt vor großen Namen kennt Kim Treudt-Gösser nicht. Alter, Erfolge oder Ranglisten-Positionen ihre Kontrahentinnen spielen keine Rolle, wenn die Fechterin ihre Maske aufzieht und den Degen in Position bringt. "Ich denke nicht darüber nach, wer mir gegenübersteht." Mit dieser Unbekümmertheit hat die 15-Jährige in der abgelaufenen Saison einen riesigen Sprung nach vorne gemacht und sich selbst bei den Aktiven schon jetzt einen Namen gemacht.

Ein Höhepunkt eines erfolgreichen Sportjahres war kein Titelgewinn oder der Gewinn einer Medaille, sondern eine Erstrunden-Niederlage. Anfang Juni bei den Deutschen Meisterschaften in Leipzig war Kim Treudt-Gösser an Position 64 gerade noch in die K.-o.-Runde gerutscht, so erwischte die Solingerin automatisch das wohl schwerste Los. Was folgte, war eine kleine Sensation. Die Olympia-Zehnte Monika Sozanska (Heidenheim) musste ihr gesamtes Können abrufen und Risiko gehen, als die NRW-Sportschülerin den 3:7-Fehlstart korrigierte, den Ausgleich schaffte und die hohe Favoritin nicht mehr davonziehen ließ. Erst zwei Sekunden vor Ende gelang Sozanska der entscheidende Treffer zum 14:12-Endstand. Das Lob für den couragierten Auftritt konnte Kim Treudt-Gösser nicht trösten. Auch hier unterscheidet die ehrgeizige Sportlerin nicht, in welcher Runde sie nun bei den Aktiven, den Juniorinnen oder in ihrer eigentlichen Altersklasse verloren hat: "Eine Niederlage bleibt eine Niederlage".

Selbst in der A-Jugend waren die anderen Degenfechterinnen teilweise vier Jahre älter. Aus diesem Grund galt ihr Durchmarsch bis ins Finale der nationalen Titelkämpfe in Meiningen als Überraschung. Nicht aber für die Vize-Meisterin selbst, die nach Jahren des geduldigen Trainierens ihre erste Früchte ernten darf. Die Möglichkeit wäre durchaus gegeben gewesen, in den Jahren zuvor erfolgreich auf Titel- und Medaillenjagd zu gehen. Gemeinsam mit ihrem Trainer Oleksandr Tykhomyrov und ihren Eltern traf sie jedoch die Entscheidung, den langfristigen Weg einzuschlagen.

Auf der Planche bringt Kim Treudt-Gösser ihr Talent eiskalt ein. Nach einem knappen Sieg in einem bedeutenden Gefecht wird die 15-Jährige wohl auch in Zukunft keinen Freudentanz aufführen, sondern nur ein kleines, bescheidenes Lächeln aufsetzen. Andersrum können ihr grobe Patzer auch keinen Wutschrei entlocken. "Ich überlege sofort, was ich falsch gemacht haben und mache den Fehler dann nicht noch einmal." In der Ruhe liegt ihre große Stärke.

Die kontinuierlich besser werdenden Ergebnisse bei den europäischen Ranglisten-Turnieren nähren die Hoffnung, dass vielleicht schon im kommenden Jahr ein Traum in Erfüllung geht: die Nominierung für die Europa- oder Weltmeisterschaften der Kadettinnen. Mit der erneuten Berufung in den Perspektivkader des Deutschen Fechterbundes ist zumindest schon eine Bedingung erfüllt.

(grad)
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