Handball In der Außenseiter-Rolle

interview Vor dem heutigen Spitzenspiel gegen Bayer Dormagen spricht Trainer Norbert Gregorz über die Situation beim Bergischen HC und in der sechs Mannschaften umfassenden Spitzengruppe sowie mögliche Gedankenspiele im Falle eines Aufstieges ins Handball-Oberhaus.

interview Vor dem heutigen Spitzenspiel gegen Bayer Dormagen spricht Trainer Norbert Gregorz über die Situation beim Bergischen HC und in der sechs Mannschaften umfassenden Spitzengruppe sowie mögliche Gedankenspiele im Falle eines Aufstieges ins Handball-Oberhaus.

Wie ist die Stimmung beim Bergischen HC?

Gregorz Wie immer gut. Warum sollte es auch anders sein? Wir mit unserer jungen und neu zusammengestellten Mannschaft sind doch die positive Überraschung der Liga. Wer hätte denn vor Saisonbeginn gedacht, dass wir diese gute Rolle spielen würden ?

Sie auch nicht?

Gregorz Wir haben bestimmt nicht die Individualisten für ein Spitzenteam. Unsere Stärke ist, dass wir als Team funktionieren. Deshalb haben uns auch die verletzungsbedingten Ausfälle von Ivan Zoubkoff und Elvir Selmanovic so hart getroffen, dass wir in den letzten Spielen etwas geschwächelt haben.

Und deshalb fehlt Ihrer Mannschaft die Konstanz? Sie sorgen ja immer für überraschende Ergebnisse, in die eine wie in die andere Richtung.

Gregorz Was heißt fehlende Konstanz ? Wir hatten zwei schwache Spiele. Das war zu Hause gegen Willstätt und gegen Hüttenberg. Die Niederlagen haben vor allem mit der Altersstruktur unserer Mannschaft zu tun: Wir haben einen Altersdurchschnitt von 23,8 Jahren. Und wir haben hauptsächlich Spieler, die in den vergangenen Spielzeiten nicht allzu viele Erfolgserlebnisse hatten. Deshalb haben bei ihnen in diesen Partien die Nerven nicht mitgespielt. Aber wenn man Erfolg haben will, wächst man schließlich auch mit Niederlagen.

Wie beurteilen Sie die Lage in der Zweiten Liga: Sechs Mannschaften haben noch Chancen auf den Aufstieg.

Gregorz Von der Tabelle her betrachtet ist das so. Ich finde es auch schön und interessant, dass die Liga so spannend und ausgeglichen ist, dass fast jede Mannschaft jeden schlagen kann. Aber ich bin auch überzeugt, dass am Ende TuSEM Essen ganz oben stehen wird – besonders, wenn jetzt Dragunski wieder dabei ist und ansonsten nichts Gravierendes mehr passiert. Dahinter gibt es eine breite Spitzengruppe, kämpfen Ludwigsburg, Hüttenberg, Dormagen und wir um Platz zwei. Ob Willstätt auch noch eingreifen kann, entscheidet sich am Samstag: Verlieren sie in Essen, dann wohl nicht mehr.

Es scheint, als ob man beim Bergischen HC bei den Planungen davon ausgeht, auch in der kommenden Saison in der Zweiten Liga zu spielen.

Gregorz Sie glauben also, dass die jetzige Mannschaft kein Erstliga-Format hat ?

Nach meiner Meinung würden alle aktuellen sechs Spitzenteams im Handball-Oberhaus nur ums Überleben kämpfen – auch TuSEM Essen . . .

Gregorz Das Problem hat jeder Aufsteiger. Wir setzen auf Teamgeist und nicht auf teuer eingekaufte Stars, die womöglich nicht ins Mannschaftsgefüge passen. Außerdem hat jeder Spieler noch genügend Entwicklungspotenzial. Mit ihren Leistungen hätten sich die Jungs allemal die Chance verdient, in der Ersten Liga zu spielen.

Gestern hat nun auch Elvir Selmanovic seinen Vertrag verlängert.

Gregorz Damit sind wir im linken Rückraum gut besetzt. Nicht zu vergessen sind Fabian Düllberg und vor allem Sven Hertzberg. Wenn er fit, wird er uns mit seiner Erstliga-Erfahrung noch weiter nach vorne bringen. Mit Elvir und Stefan Nippes, der ebenfalls verlängert hat, sind jetzt letztendlich alle Spieler für die kommende Saison unter Vertrag – bis auf die Position im rechten Rückraum, wo wir uns auch weiterhin extern umschauen.

Wie gehen Sie in das Verfolgerduell am Freitag in Dormagen ?

Gregorz Ich freue mich drauf, das wird ein sehr interessantes Spiel. Wir bringen viele Zuschauer mit, da wird die Halle bestimmt voll. Ich bin sicher, dass wir auf hochmotivierte Dormagener treffen werden, noch dazu, wo sie ihre Verletzungsprobleme weitgehend im Griff haben. Bei uns ist das leider noch nicht der Fall.

Wie gefällt Ihnen die Situation, als Außenseiter ins Derby zu gehen ?

Gregorz Die Außenseiter-Rolle gefällt uns in dieser Saison sehr gut. Bislang waren wir immer dann äußerst erfolgreich, wenn wir nicht als Favorit ins Spiel gegangen sind.

Das Hinspiel war beim 26:26 zwar spannend, aber gewiss kein handballerischer Leckerbissen.

Gregorz Das sind solche Derbys nie, dafür steht zu viel auf dem Spiel.

Bayer Dormagen ist der letzte dicke Brocken aus der Spitzengruppe. Sehen Sie Gefahr, dass Ihre Mannschaft danach nachlässig wird ?

Gregorz Die Leistungskurve wird nicht abfallen, dafür ist die Mannschaft zu gefestigt. Ausschließlich die Tabelle betrachtet, ist Dormagen sicherlich der letzte Brocken. Allerdings müssen Auswärtsspiele wie in Gensungen oder Bietigheim auch erst einmal gewonnen werden. Wir werden bis zum letzten Spieltag alles geben. 17 oder 18 Minuspunkte könnten reichen, um Zweiter zu werden.

Das Gespräch führten Volker Koch und Guido Radtke.

(RP)
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