Baseball Historisches Tief bei den Solingen Alligators

Solingen · Die Bonn Capitals demontieren die hiesigen Baseballer am Weyersberg mit 11:1 und 13:1 jeweils vorzeitig nach sieben Durchgängen.

 Und wieder erhöhen die Bonner. Alligators-Catcher Julian Steinberg (links) wartet vergeblich auf die Rückkehr des Balles.

Und wieder erhöhen die Bonner. Alligators-Catcher Julian Steinberg (links) wartet vergeblich auf die Rückkehr des Balles.

Foto: Stephan Köhlen

Das muss man sich mal vorstellen. Vor zwei Jahren sind die Solingen Alligators Deutscher Meister geworden, und 2015 hatten sie den Anspruch, das Finale um die Deutsche Baseball-Meisterschaft zu erreichen. In dieser Saison jedoch wird sich die Mannschaft glücklich schätzen können, wenn sie es noch einigermaßen souverän in die Play-offs schafft. Dem Prädikat "Spitzenspiel" wurden die Duelle gegen Tabellenführer Bonn Capitals zu keinem Zeitpunkt gereicht. Die Alligators wurden regelrecht vernichtet von den bissigen Ex-Hauptstädtern. Mit 1:11 und 1:13 ging das Team von Trainer Ron Frazier unter.

Die Solinger Baseballer befinden sich damit in einem historischen Tief. Noch nie haben die Alligators in der Bundesliga vier Spiele in Folge verloren. Das hat sich nun mit den beiden Pleiten in Paderborn und den jüngsten Niederlagen erledigt. Zudem wurde das Team niemals an einem Doppelspieltag auf heimischen Platz zwei Mal vorzeitig geschlagen. Weil die Bonner nach jeweils sieben Durchgängen mit zumindest zehn Punkten führten (Ten-Run-Rule), endeten die Partien vor der eigentlichen Distanz eines Baseball-Spiels von neun Abschnitten.

"Das kann man nicht schönreden", fand auch André Hughes, der im ersten Duell auf dem Wurfhügel begonnen hatte. Auch er wurde von den Gästen hart erwischt. "Meine Kontrolle war gut, aber die Jungs haben einfach gut gehauen." In sechs Durchgängen kassierte Hughes 16 Gegentreffer und elf Punkte. "Ich hatte erwartet, dass es schwer werden würde", sagte der Werfer. "Die Bonner trainieren vier Mal die Woche. Das geht bei uns nicht mehr, weil die meisten unserer Spieler beruflich sehr stark eingespannt sind." Als Ausrede wollte Hughes dies allerdings nicht anführen. "Bei uns stimmt etwas nicht. Und es ist kein Schalter, den wir einfach umlegen können."

Offensiv läuft es seit geraumer Zeit nicht mehr ordentlich. Im ersten Duell gegen die Bonner schaffte nur Sascha Brockmeyer zwei Treffer gegen die Capitals, die mit Sascha Koch einen extrem starken Pitcher auf dem Wurfhügel stehen hatten. Defensiv leisteten sich die Solinger zudem drei Fehler. "Als ob wir das Spielen verlernt hätten", haderte Hughes. Den einzigen Punkt auf dem Weg zur 1:11-Niederlage schlug Oskar Matzpreiksch herein.

Das Bild änderte sich auch in der zweiten Partie des Tages nicht. US-Import Jadd Schmeltzer bekam es mit Bonns überragendem Wilson Lee zu tun. Während der Australier gewohnt stark ablieferte, wurde auch Schmeltzer vom Gegner demontiert. Der US-Amerikaner hielt sich nur vier Abschnitte auf dem Mound, kassierte dabei neun Treffer, ließ vier gegnerische Schlagleute aufgrund von Kontrollproblemen auf Base und musste zehn Gegenpunkte hinnehmen. Danach kam Nils Hartkopf, der in drei Abschnitten ebenso viele weitere Punkte abgab.

Gegen die geballte Bonner Offensive, aus der mit Vincent Ahrens, Daniel Lamb-Hunt und Eric Brenk drei Spieler herausragten, kamen die Solinger auch im zweiten Duell nicht an. Timo Trampert lieferte den einzigen weit geschlagenen Ball, Matzpreiksch schlug erneut das eine Ehrenpünktchen herein. Zwei defensive Fehler kamen beim 1:13 wiederum hinzu.

Viel übler hätte es die Alligators auf der heimischen Anlage nicht erwischen können: Sieben Treffer, zwei Punkte und fünf Feldspielfehler in zwei Begegnungen sprechen für sich. Der eingeschlagene Umbruch ist also längst noch nicht vollzogen. Die Routiniers im Kader werden älter, können nicht mehr so oft trainieren und lassen dadurch allmählich nach. Die jungen Baseballer haben das Level, das für die Bundesliga-Spitze nötig ist, bei weitem noch nicht erreicht. "Unsere Jugendarbeit ist sehr gut", findet André Hughes. "Aber die Lücke ist noch zu groß."

Dazu scheint sich auch die Verpflichtung von Schmeltzer nicht als besonders glücklich herauszustellen. Der als Werfer-Ass geholte US-Amerikaner ist zuletzt häufiger in Bedrängnis geraten und hat es bislang noch nicht geschafft, die Mannschaft über viele Durchgänge in Folge in einer umkämpften Partie zu halten. Und der Trainer? Hughes hält sich zu diesem Thema freilich bedeckt. Doch das Feuer, das Ex-Coach Norman Eberhardt Woche für Woche in der Mannschaft zu entfachen versuchte, scheint in diesen Tagen nicht einmal zu lodern.

"Früher waren wir die Mannschaft, die irgendwo hinkam und gefürchtet wurde. Da hat der Gegner dann gehofft, nicht per Ten-Run-Rule zu verlieren", erinnert sich Hughes an eine Ära, die erst vor ein paar Monaten endete. "Heute sind wir die Anderen." Die Solinger rutschten in der Bundesliga-Nord auf den dritten Rang ab und empfangen am kommenden Sonntag Paderborn, das zuletzt Doppelsieger gegen die Alligators blieb.

(trd)
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