Tennis Ein eingespieltes Duo – auf und neben dem Tenniscourt

Solingen · Seitdem die befreundeten Tennisprofis ein festes Doppel bilden, führt ihr Weg kontinuierlich nach oben. In der aktuellen Weltrangliste wird der Solinger Martin Emmrich erstmals als bester deutscher Spieler gelistet.

Tennis: Ein eingespieltes Duo – auf und neben dem Tenniscourt
Foto: Radtke, Guido (gra)

Sie haben sich aussuchen können, in dieser Woche beim ATP-Turnier in Queens oder hier in Halle im Hauptfeld der Doppelkonkurrenz anzutreten. Warum ist die Wahl auf den ostwestfälischen Rasen gefallen ?

Emmrich Es ist eine Reise in die Vergangenheit. Wir waren 17 Jahre alt, als wir hier quasi das Profileben kennengelernt haben. Ich habe hier drei Jahre gewohnt, André zwei Jahre. Hier ist unsere enge Freundschaft entstanden, bis sich unsere Wege getrennt haben. BEGEMANN Ich habe mit Anfang 20 meine Schule beendet und bin dann für vier Jahre nach Amerika gegangen. Danach haben wir uns wieder getroffen, wobei jeder noch seine eigenen Wege gegangen ist. Martin hat sich bereits aufs Doppel konzentriert, ich habe noch viel Einzel gespielt – bis wir uns beim Rochusclub Düsseldorf in der Bundesliga wiedergefunden haben.

Sie haben dort voriges Jahr zusammen alle Doppel gewonnen. War das das Schlüsselerlebnis ?

Emmrich Ich hatte ja schon länger mit ihm spielen wollen. Vor etwa vier Jahren waren wir mal bei einem Turnier angetreten und hatten es gleich gewonnen. André stand nur immer zu gut im Einzel, um es komplett seinzulassen. Es war ein glücklicher Moment, in der Bundesliga acht Spiele hintereinander gewonnen zu haben. So hat er sich entschieden, mehr Doppel zu spielen. Und jetzt sind wir hier.

War es schwer, sich vom Einzel zu verabschieden ?

Begemann Auf jeden Fall. In mir brennt der Wettkampfgedanke generell. Ich trainiere, trainiere, trainiere von morgens bis abends. Wenn man dann auf der Doppel-Tour ist, merkt man schon, dass da anders trainiert wird. Im Prinzip bräuchte ich gar nicht so trainieren, für das was ich auf dem Platz an Laufwegen habe. Ich wollte immer Top 100 stehen. Und dann das Ziel an Position 166 aufzugeben und sich sagen zu müssen, es hat nicht geklappt, war wahnsinnig schwer.

Trotzdem spielen Sie im Einzel immer noch sehr häufig die Qualifikation . . .

Begemann So hundertprozentig habe ich damit auch noch nicht abgeschlossen. Generell hilft es mir, Einzel zu spielen – auch als Training fürs Doppel. Mit 28 Jahren muss man halt eine wirtschaftliche Entscheidung treffen. Wenn ich mein Geld auf der Doppel-Tour verdienen kann, dann ist es eben so. Wie soll ich auch die Qualifikation spielen ? Ich hatte zuletzt keine Gelegenheit dazu, weil Martin und ich jede Woche Finale oder Halbfinale gespielt haben.

Sie hingegen haben Ihre Entscheidung der Spezialisierung deutlich früher getroffen.

Emmrich Ich stand in der Weltrangliste nie so hoch. Auf Position 604 war ich weit davon entfernt, auf Turnieren Geld zu verdienen. Ich hatte im Einzel kein Ziel mehr, wusste nicht, wohin es gehen sollte.

Wie war für Sie die Umstellung ?

Emmrich Die war nicht groß, da ich zum Schluss fast nur noch Serve und Volley gespielt habe. Es war ein leichter Schritt, weil ich im Doppel Turniere gewonnen habe und Tennis wieder Spaß gemacht hat.

Innerhalb weniger Monate haben Sie sich in der Weltrangliste mit den Positionen 44 und 55 ihr jeweils bestes Ranking erarbeitet. Warum klappt es mit Ihnen so gut ?

Begemann Wir bilden ein gutes Team und machen es leidenschaftlich. Ich finde, Doppel ist eine Charakterfrage. Viele spielen nur, um damit um Geld zu verdienen. EMMRICH (grinst) Na ja. Wir aber auch. BEGEMANN (nickt) In erster Linie. Wenn aber die Zuschauer wiederkommen oder einem Nachrichten schreiben, merkt man: Wir bringen etwas rüber. Der Zusammenhalt, beispielsweise als es Anfang des Jahres nicht so gut lief, ist bei uns sehr gut.

Gab es denn richtig kritische Momente ?

Emmrich Voriges Jahr eigentlich gar nicht, weil wir alles gewonnen hatten. Nach dem Sieg in Wien haben wir noch zwei Turniere gespielt, die wir nicht hätten spielen müssen. Wir hatten unseren guten Lauf nutzen wollen, waren aber körperlich und emotional leer. Und es gab im Frühjahr die Phase, als André verletzt und somit unzufrieden war. Ich habe das nicht als Stress empfunden, weil ich einfach an das Team glaube. Wir haben ja noch zehn Jahre, wenn wir körperlich durchhalten. Die Erfolge waren schnell wieder da, auch wenn wir zuletzt bei den French Open in Runde zwei und hier in Halle nach dem ersten Match rausgeflogen sind. BEGEMANN Es wird auf diesem Niveau auch immer enger. Die Gegner werden besser. Das ist entscheidend, dass man sich daran misst und nicht nur auf den Erfolg schaut.

Wie entscheiden Sie, wo welches Turnier gespielt wird ?

Begemann (lacht) Wenn es in Strandnähe ist, bin ich immer dabei. Ich spiele lieber im warmen Klima. Das mag daran liegen, dass ich vier Jahre in Kalifornien gelebt habe. EMMRICH Es läuft schon etwas anders. Wir schauen uns in erster Linie die Cuts an vom letzten Jahr und entscheiden dann nach Gefühl. BEGEMANN Es soll schon so stressfrei wie möglich sein. Wenn wir in der Gegend bleiben, sind wir auch ausgeruht.

Wo soll der Weg noch hinführen ?

Emmrich Natürlich haben wir ein Ziel: die Top 20. Das ist aber langfristig angelegt. Wir investieren dafür sehr viel. Wir haben einen Coach auf der Tour dabei und einen Physiotherapeuten, und ich habe in Solingen einen Fitnesstrainer engagiert. Wir versuchen einfach, jeden Tag, jede Woche gut zu arbeiten. Individuell und im Team.

Die in dieser Woche veröffentlichte Weltrangliste lässt Hoffnung aufkommen, irgendwann für Deutschland im Daviscup zu spielen.

Begemann Das ist unser zweites Ziel, klar. Martin ist das erste Mal die Nummer Eins in Deutschland. Das ist ein Zeichen. Wir sind mit Sicherheit im Gespräch, aber letztendlich kannst du nur mit Leistung überzeugen.

Überall spielen Sie zusammen, nur in der Tennis-Bundesliga beim Rochusclub Düsseldorf nicht mehr.

Begemann Leider. Es waren ein paar Sponsoren abgesprungen, und die Verhandlungen sind nicht so verlaufen, wie ich mir das gewünscht hatte. Wenn ich Bundesliga spiele, will ich auch alle Partien bestreiten. So bin ich beim TC Blau-Weiss Neuss gelandet.

So werden Sie sich vielleicht als Kontrahenten gegenüberstehen.

Emmrich Wir hoffen nicht (lacht). Das wäre bestimmt komisch. Aber dann ist es eben so. Danach sind wir auch wieder Kumpels.

GUIDO RADTKE FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(RP)
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