Fußball Das Wunder von der Höher HeideSchockzustand nach dem Abpfiff

Aufderhöhe – SSVg. Haan 5:1 (2:1). Die Nicht-Abstiegsfeier auf der Hoher Heide begann exakt um 16.48 Uhr. Dann erreichte Trainer Björn Scheffels nämlich die Nachricht, dass der direkte Konkurrent um den Klassenerhalt, der TSV Gruiten, zu Hause gegen den SSC 95/98 nur 2:2 gespielt hatte – ein Ergebnis, welches für die Aufderhöher gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt war. Der BSC hatte da seinen Pflichtsieg gegen Haan bereits sicher in trockenen Tüchern. 5:1 führte Aufderhöhe, als Scheffels seinen Spielern lautstark das Endergebnis aus Gruiten zurief. Und für die gab es dann auch auf dem Platz kein Halten mehr – obwohl das Spiel noch lief. Haan zeigte sich aber als fairer Verlierer und Absteiger, und auch der Unparteiische hatte kurze Zeit später ein Einsehen. Erst erklang sein Schlusspfiff über die Höher Heide, kurze Zeit später die Stimmen der BSC-Spieler: „So ein Tag, so wunderschön wie heute . . .“

In der Winterpause war der BSC bereits als sicherer Absteiger gehandelt worden. Die komplette Mannschaft hatte den Verein verlassen, weil der BSC seinen finanziellen Verpflichtungen nicht nachgekommen war. Mit Björn Scheffels wurde ein junger Trainer verpflichtet, der vor einem kompletten Neuanfang stand. Scheffels holte viele junge Spieler zum BSC und bewies, dass Totgesagte tatsächlich länger leben.

Knisternde Spannung lag gestern um 15 Uhr über der Höher Heide. Eine Stimmung, die sich auf die Spieler übertrug, die sehr nervös begannen. Doch den Schock des frühen Rückstands (12.) steckten die Gastgeber überraschend cool weg. Ja, der Haaner Treffer wirkte sogar eher beruhigend auf die Nerven, denn plötzlich klappten die Kombinationen im Mittelfeld und auch Zuspiele in die Spitze besser. Nach zwei Großchancen für Agon Balaj erlöste Viktor Bill den BSC in der 20. Minute mit dem Ausgleich. Und als Balaj nach einer Ecke das 2:1 (35.) gelang, war der BSC wieder im Soll.

Drei Tore in sechs Minuten

In der Halbzeit machte dann die Nachricht die Runde, dass der SSC 95/98 in Gruiten mit 1:0 führen würde. Was zusätzliche Kräfte freisetzte, denn innerhalb von sechs Minuten schraubten die Solinger zu Beginn der zweiten Halbzeit das Ergebnis auf 5:1 hoch. Tim Sprenger (50.), Mirkan Ilbay (50.) per Elfmeter, den Sprenger herausgeholt hatte, sowie Fabio Izzo mit einem „Tor des Monats“ aus 20 Metern in den Winkel machten den Sack vorzeitig zu. So konnte sich Scheffels anschließend also ganz seinem Handy und den Zwischenständen aus Gruiten widmen.

GSV Langenfeld – VfB Solingen 2:5 (1:2). „Monheim führt 2:1 beim HSV Langenfeld“, lautet die Nachricht, die sich kurz vor Spielende wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Hoffnung stirbt eben zuletzt für den VfB Solingen. Doch wer hatte vor Spielbeginn denn wirklich damit gerechnet, dass der HSV nicht zumindest einen Zähler im Heimspiel gegen Monheim holt und damit den Aufstieg von der Bezirks- in die Landesliga perfekt macht?

Plötzlich herrscht Hektik unter den Zuschauern, bei denen es sich überwiegend um VfB-Anhänger handelt. Denn den Bavertern reicht nicht etwa ein 5:2-Sieg. Vier Tore Abstand müssen her, um das Unmögliche noch möglich zu machen. Und plötzlich hat sie jeder im Kopf, die Szenen, die einen vorzeitigen Vier-Tore-Vorsprung vereitelt hatten: ein vergebener Strafstoß von Heiko Senyürek, der das 5:1 hätte bedeuten können, und eine Unachtsamkeit in der Abwehr, die zum zwischenzeitlichen 2:4 geführt hatte.

Doch nach Eray Bastas’ 5:2 hatte es der VfB selbst in der Hand. Fünf Minuten blieben der Truppe noch, um einen weiteren Ball im Netz unter zu bringen. Als dann die Kunde vom 2:1-Endstand beim HSV die Runde macht, ist die Spannung in Landwehr kaum noch zu überbieten. Während das Publikum den VfB nach vorne peitscht, versuchen die Spieler verzweifelt alles, um das entscheidende Tor zum Aufstieg zu erzielen.

Tatsächlich haben die Solinger noch Möglichkeiten. 90 Minuten hatte die Truppe Einbahnstraßen-Fußball gespielt und nie einen Zweifel am Sieg aufkommen lassen. „Eins noch, eins noch“, schallt es in Richtung der Fußballer, die jetzt spüren, dass sie etwas ganz Großes schaffen können. Die letzten Minuten spielen sich nur noch im Langenfelder Strafraum ab. Rossi Tilaro vergibt die wohl beste Chance, als er den Torhüter bereits geschlagen hatte, jedoch knapp am langen Pfosten vorbei legte.

Tragische Helden

Sekunden später pfeift der Unparteiische die Partie ab – die Anfeuerungsrufe verstummen, die Spieler sinken zu Boden. Der VfB und alle, die ihm die Daumen gedrückt haben, befinden sich im Schockzustand. Trainer Denis Kampl ist nicht der Einzige, der eine Träne verdrückt. Heiko Senyürek verlässt mit bitterer Miene den Platz. Der erfahrene Stürmer ist der tragische Held. Er hatte die ersten drei Tore erzielt, bevor er einen Elfmeter an den Pfosten setzte.

„Es sollte wohl nicht sein – aber es ist einfach so bitter“, meint Trainer Frank Marks wenige Momente nachdem auch die letzte VfB-Hoffnung gestorben ist.

(RP)
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