Lokalsport BHC hält an Hinze fest und fordert die Spieler

Solingen · Der Tabellenletzte der Handball-Bundesliga vertraut dem Trainer. Der Kader soll Stabilität finden und mindestens 16 Punkte holen.

 Im regen Austausch auch mindestens in den kommenden Monaten: BHC-Trainer Sebastian Hinze (rechts) und Viktor Szilágyi.

Im regen Austausch auch mindestens in den kommenden Monaten: BHC-Trainer Sebastian Hinze (rechts) und Viktor Szilágyi.

Foto: Imago

In einer internen Analyse hat der Bergische HC das erste Halbjahr der Saison 2016/17 in der Handball-Bundesliga aufgearbeitet. Dass es eine rundum verkorkste erste Hälfte war, zeigt schon der Blick auf die Tabelle, die den Klub mit 5:31 Punkten als Schlusslicht ausweist. Da setzen einige Vereine Sportart-übergreifend auf das vermeintlich letzte Mittel der Trainerentlassung. Die Analyse des BHC ging aber tiefer, viel Videostudium gehörte dazu. Danach fasste Beirat Jörg Föste zusammen: "Wir sind der Überzeugung, dass sowohl Trainer als auch Mannschaft unser Vertrauen verdient haben." Später ergänzte er eindeutig: "Der Trainer wird auch am letzten Spieltag dieses Saison Sebastian Hinze heißen." Ob er es auch bei einem möglichen Abstieg bliebe, konterte Föste so: "Zunächst läuft der Kontrakt von Sebastian Hinze ligen-unabhängig bis 30. Juni 2018. Mehr ist dazu jetzt nicht zu sagen."

Wie schon in der Vorsaison, als es wegen ausbleibender Ergebnisse vor dem Jahreswechsel ähnlich viel Druck auf den Trainer gab, spricht der BHC Hinze erneut das Vertrauen aus. Im Vorjahr griff diese Maßnahme schließlich auch, mit Rang zwölf in der Endtabelle wurde die beste Platzierung der Vereinsgeschichte ebenso erreicht wie das Finalturnier im nationalen Pokal, das das große Highlight des Jahres war.

Die Analyse der Verantwortlichen sah als einen Grund für die Krise in der aktuellen Saison die "eklatanten Verletzungssorgen", wie Geschäftsführer Philipp Tychy sagte - zeitweise fehlte ein halbes Dutzend Profis. "Wir hatten 38 langfristige Krankschreibungen", ergänzte Föste. "Das ist die doppelte Anzahl des vergangenen Jahres, wo wir schon geglaubt hatten, diese Rekordzahl würden wir nie mehr erreichen." Dass es diesen "Dominostein-artigen Ausfall von Spielern" geben würde, habe keiner sehen können, betonte der Beirat. "Kein einziger Bundesligist musste so viele Ausfälle kompensieren. Und eine Mannschaft, die ohnehin eher dem zweiten Segment der Tabelle zuzuordnen ist, leidet viel mehr darunter als eine mit einem breiten Kader."

Hinzu kam das eigentliche Karriereende von Viktor Szilágyi, der Sportlicher Leiter wurde, bevor er aufgrund der Verletztenmisere wieder reaktiviert wurde. Nun soll der laut Föste "beste Spieler, der jemals für den BHC gespielt und viele Spiele auf den letzten Drücker entschieden hat", die Saison zu Ende bringen. Seine Aufgaben als Sportlicher Leiter will der BHC im Team übernehmen. Föste: "Viktor soll sich ganz auf seine Rolle als Spieler konzentrieren." Ohne Szilágyi hätte sich vor der Saison eine neue Hierarchie im Team bilden müssen, sagte Tychy. Das sei gelungen, die Mannschaft habe Kristian Nippes und Fabian Gutbrod zu Kapitänen bestimmt, doch ausgerechnet die verletzten sich schwer. So habe Stabilität gefehlt.

Darüber hinaus ergab die Analyse aber auch: "Wir sehen die Mannschaft insgesamt in der Bringschuld", betonte Föste. "Wir stellen immer wieder fest, dass sie sehr gut eingestellt ist, aber dann in der zweiten Halbzeit die Orientierung verliert. Das ist zu schwach, um für den BHC spielen zu können. Wir haben 20 Spieler, von denen 18 den Anspruch haben, vollwertige Bundesligaspieler zu sein. Wir müssen aber sehen, dass die Erwartungen nicht erfüllt und vier Jahre Aufbauarbeit gefährdet sind."

Die Lösung, auch an die Adresse der bereits feststehenden Abgänge Maximilian Hermann und Moritz Preuss (beide nach Gummersbach): "Wir brauchen harte Arbeit in der Vorbereitung, absolute Teamorientierung, unabhängig davon, ob man den Verein verlässt oder nicht, und eine absolute Fokussierung auf Spiel und Training. Wir stellen jetzt die Charakter- und Mentalitätsfrage." In der Vorbereitung, so Föste weiter, werde man sehen "wer mitzieht und alles gibt, damit der BHC eine gute bis sehr gute Rückrunde spielt. Wir erwarten von allen Spielern, dass sie sich zerreißen."

Am Ende einer "guten Rückrunde" soll nach Möglichkeit der Klassenerhalt stehen. Unabhängig vom Tabellenstand sei aber eine Zielvorgabe formuliert worden - acht Siege. "Es ist nicht zu viel verlangt, dass man zehn Mal in einer Saison gewinnt", meinte Föste. "Das war auch die Vorgabe vor der Saison. Vor dem Hintergrund, dass der Kader jetzt wieder nahezu komplett ist, sind acht Siege in den verbleibenden 16 Spielen nicht zu viel." Dennoch muss der BHC natürlich zweigleisig planen. "Wir sprechen offen und ehrlich mit den Spielern, dass ein Gang in die Zweite Liga im Bereich des Möglichen liegt", erklärte der Beirat, der in Anlehnung an den Bösewicht bei "Harry Potter" ergänzte: "Die Dämonisierung der Zweiten Liga - man spricht ja darüber, als wäre es Lord Voldemort - ist nicht gerecht. Die Spieler sind bereit, das Risiko einzugehen, dass es eine Runde in der Zweiten Liga geben kann." Allerdings sagte er auch: "Es gibt Spieler, die nur Erstliga-Kontrakte haben." Mögliche weitere Abgänge würden in den nächsten Wochen bekanntgegeben.

Zugänge wird es wohl in dieser Saison nicht mehr geben. Wir haben 18 beziehungsweise 20 Spieler", entgegnete Föste. "Dieses Gebilde ist fragil. Um da einen 19. oder 21. Spieler dazuzunehmen, müsste dieser Spieler über jeden Zweifel erhaben sein, dass er uns sofort weiterhelfen kann. Die Personalie des rettenden Engels haben wir aber weit und breit nicht gesehen." Fest stehe, dass "wir alles dafür tun, dass wir wieder in die Erfolgsspur zurückkehren. Mehr kann man zu diesem Zeitpunkt seriös nicht sagen."

Für die Analyse insgesamt gelte: "Eine derartige Situation ist extrem anstrengend für jeden Einzelnen, zeitraubend und emotional belastbar", zählte Föste auf. "Wir haben die Trainerleistung wie alle anderen Leistungen nach objektiven Kriterien untersucht. Wir sind der Überzeugung, dass Sebastian Hinze einen sehr guten Job gemacht hat - auch im zweiten Halbjahr 2016. Sonst wären wir nicht der Auffassung, dass er die Aufgabe im ersten Halbjahr 2017 hinbekommen könnte." Das "Fehlverhalten in den Spielen, im Wesentlichen bei den knappen Niederlagen gegen Coburg und Lemgo, ist nur eingeschränkt dem Trainer anzulasten, wenn überhaupt." Darum erhält Hinze weiter das Vertrauen, während die Spieler es sich zurückverdienen müssen.

(ame)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort