Bergischer Hc Wie verwandelt zurück aus Schweden

Solingen · Der Lernprozess hat länger gedauert, als es Emil Berggren vermutet hatte. Nun wird der Rückraumspieler des Handball-Zweitligisten Bergischer HC auch seinen eigenen Ansprüchen als Torjäger gerecht.

Es gab Tage im grauen November, an denen Emil Berggren an sich gezweifelt hat. "Ich habe mich gefragt, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, nach Deutschland zu wechseln." Zuletzt bei IK Sävehof war der Schwede der einzige Shooter im Team gewesen, der deswegen einige Freiheiten genossen und Tore wie am Fließband produziert hatte. Nach seinem Wechsel zum Bergischen HC in die 2. Handball-Bundesliga allerdings wollte die Produktion nicht so anlaufen, wie es sich der 26-Jährige gewünscht hätte. Und dann musste er auch noch am Kreis aushelfen, weil mit Stanko Sabljic und Max Weiß die beiden etatmäßigen Akteure auf dieser Position nicht zur Verfügung standen.

Emil Berggren war ungeduldig und wollte nicht die Worte glauben, die ihm Sebastian Hinze zu Beginn der Saison mit auf den Weg gegeben hatte. "Er hat zu mir gesagt, dass ich dem Team helfen werde. Er wusste allerdings nicht, ob das im Oktober, November, Dezember oder noch später sein werde." Der Rückraumspieler hingegen war fest davon überzeugt, dass er sich ohne Probleme akklimatisieren werde. "Ich wusste doch, was ich leisten kann." Heute weiß es der Handballprofi besser.

Der Lernprozess begann mit Abspecken. Emil Berggren kam ohne jegliches Training ins Bergische Land und brachte demnach ein paar Kilogramm zu viel auf die Waage. Heute sind es 102 Kilo, zehn weniger als noch im September. "Ich versuche, noch zwei, drei weitere folgen zu lassen, um mir anschließend Muskeln anzutrainieren." Dafür hat Berggren im Übrigen seine Küche in einen Kraftraum verwandelt. Tisch und Stühle hat er ausgelagert und an gleicher Stelle eine Hantelbank aufgebaut. "Ich koche ohnehin höchstens ein Mal in der Woche und esse immer im Wohnzimmer", gibt er zu. Meist gibt es etwas aus dem Imbiss im gleichen Haus, bei dem er als Stammkunde jedoch nie Pommes ordert. Fleisch und Salat darf es für Emil Berggren sein. "Aber gerne mit Zaziki."

Seit der Weihnachtspause ist vieles anders. Wie verwandelt kam Emil Berggren aus Göteborg zurück, um in der Vorbereitung auf die Rückrunde mit einer steil aufsteigenden Leistungskurve auf sich aufmerksam zu machen. Zuletzt bei der 21:25-Niederlage im Spitzenspiel gegen den TV Emsdetten krönte der Schwede seine Form mit sechs Treffern. "Es ist zwar schon, dass ich gut gespielt habe. Mir wäre es allerdings lieber, wenn ich schlecht spiele, wir aber gewinnen."

Emil Berggren hat gelernt, wie er sein Spiel umstellen muss, um wieder als Torjäger in Erscheinung zu treten. Das 1,95 Meter große Kraftpaket ist zum einen schneller geworden und selbstbewusster. Zum anderen erfolgen seine Wurfversuche kaum noch aus einer Entfernung von acht Metern in der Nähe der gegnerischen Abwehr, sondern aus neun oder zehn Metern. Selbst die fliegen mit einer derartigen Wucht auf das Tor, dass Klassekeeper wie zuletzt Emsdettens Nils Babin kaum eine Abwehrchance haben, selbst wenn sie die Ecke ahnen. "Ich fühle mich im Training und in den Spielen sehr gut. Der Druck ist verflogen."

Als einziger Spieler im Kader des Bergischen HC ist Emil Berggren im Übrigen ohne Führerschein ausgestattet. "Ich habe bislang noch keinen benötigt." Als 18-Jähriger war er nach Göteborg gezogen und hatte dort fußläufig zur Sporthalle gewohnt. Sechs Jahre später in Solingen wünscht er sich erstmals, selbst ein Auto steuern zu können und nicht von den Teamkollegen wie Kristian Nippes, Max Weiß oder Stanko Sabljic zum Training oder den Spielen mitgenommen werden zu müssen.

(RP/ac)
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