Ungewöhnliche Spendenaktion für Hochwasserhilfe in Solingen Sascha Bergfeld versteigert seine Badehose
Solingen · Der Lehrer des Solinger Humboldtgymnasiums nimmt mit einer „ein bisschen skurrilen“ Aktion mehr als 4200 Euro für die Solinger Hochwasserhilfe ein.
Sascha Bergfeld ist Instagram-Fan. Aber als ihn die Community während und nach der Flutkatastrophe mit Heile-Welt-Bildern nervte, schlug der 36-Jährige zurück: Er veröffentlichte eine Art Plakat („Story“) mit dem Text: „Anstatt euer Essen oder eure neue Badehose zu posten, macht mal lieber Werbung für die Hochwasserhilfe. Oder verkauft eure Badehose dafür ! Seid mal kreativ !“
Die Reaktion kam prompt: Bergfeld solle doch seine eigene Badehose verkaufen. Der Gymnasiallehrer für Physik und Mathematik überlegte nicht lange: Er stellte seine fünf Jahre alte blaue Badeshorts der Marke Manguun bei eBay ein – wo sie prompt von seinem ehemaligen Schüler Theodor Hankammer und dessen Freunden gesehen wurde. „Wir fanden es witzig und wollten die Badehose ersteigern“, sagt der 18-jährige frühere Schülersprecher, der gerade sein Abitur am Solinger Humboldtgymnasium gebaut hat. „Irgendwann haben wir dann aber gedacht, ob wir nicht jedem die Chance geben sollten, mit zu steigern.“
Die Idee: Jeder Spender soll ein Stück der Bermuda-Shorts bekommen, die Abwicklung statt über eBay über PayPal erfolgen. „PayPal ist einfacher“, erläutert Sascha Bergfeld. Viele kleinere Beträge von fünf bis 50 Euro sollten zusammenkommen: „Die Masse macht’s.“
Und wie: In den ersten beiden Tagen der Aktion waren es bereits 1400 Euro, am Ende kam der stolze Betrag von 4200 Euro zusammen. Ehemalige Schüler, Referendare, Bekannte sowie Nachbarn spendeten und lobten „Coole Aktion“, „Super Sache“. Bergfeld: „Ich habe viele Rückmeldungen bekommen. Viele finden es total gut. Ich habe aber nicht geglaubt, dass 1000 Euro eingehen würden.“
Gesammelt wird noch bis zum Samstag, 24 Uhr. Bergfeld: „Die Stadt-Sparkasse Solingen hat ja versprochen, alle Beträge zu verdoppeln, die bis Sonntag da sind.“ Wie dringend jeder Euro benötigt wird, weiß der gebürtige Solinger, der auch Mathelehrer ausbildet, aus eigener Anschauung. Dabei denkt er weniger an das Wasser, das in seinen eigenen Keller in Höhscheid eindrang. Sondern vor allem an eine Kollegin, die im Stadtteil Burg ihre Wohnung wegen der Flut verlassen musste. „Die Kollegin ist fast ertrunken“, berichtet er. „Ein Nachbar hat sich bei ihrer Rettung schwer verletzt.“
Damit die Lehrerin nicht weiter in einem Gästebett bei einer Nachbarin schlafen muss, stellt Sascha Bergfeld ihr die Parterrewohnung in einem Fachwerkgebäude neben seinem Haus zur Verfügung. Die Wohnung stand leer, war aber dringend renovierungsbedürftig. „Alleine hätte ich ein bis zwei Wochen gebraucht“, blickt er zurück. Aber weil die ganze Nachbarschaft mit anpackte und selbst Helfer aus Köln kamen, dauerte es nur vier Tage. Anderen Hochwassergeschädigten konnte Bergfeld Pumpen und Nasssauger zur Verfügung stellen.
Theodor Hankammer war auf dem Rückweg aus Bremerhaven, wo er an einem Nachhaltigkeits-Workshop teilgenommen hatte, als ihn das Hochwasser stoppte. „Ich kam gar nicht zurück, weil die Züge ausfielen“, erzählt der angehende BWL-Student. „Bei mir zu Hause war wohl auch Wasser im Keller. Der Klimawandel befeuert es.“ Der Solinger ist Schatzmeister des im Herbst 2020 gegründeten Vereins CommunityKlima. Er will Schulen aus ganz Deutschland helfen, nachhaltiger zu werden und Ressourcen zu sparen. In diesen Tagen kümmert er sich aber vor allem um die „Versteigerung“ und freut sich über jede eingehende Nachricht von PayPal: „Mein E-Mail-Programm explodiert die ganze Zeit“.
Die Aktion sei „ein bisschen skurril“, sagt Sascha Bergfeld, der in Solingen auch als Wettbewerbsleiter von „Jugend forscht“ bekannt ist. An den FKK-Strand muss er jetzt aber nicht – er hat noch eine zweite Badehose. Die dunkelblaue mit den hellen Streifen wird dagegen den Montag nicht überleben. Der Lehrer und sein ehemaliger Schüler aus dem Mathe-Leistungskurs wollen sich zusammensetzen und die Shorts zerschneiden. Jeder Spender kann sich danach ein nummeriertes Stück und ein Zertifikat abholen. Bergfeld: „Ich hoffe, wir müssen die Badehose nicht atomisieren. Ich bin schon einmal kurz nervös geworden, weil ich nicht wusste, wo sie lag.“
Über den Vorschlag eines Spenders denkt der 36-Jährige noch nach: Sascha Bergfeld solle im nächsten Jahr einen Bademoden-Kalender für den guten Zweck herausgeben.
Kontakt Bei PayPal wird die Aktion als „Chance auf ein Stück Zeitgeschichte“ beworben unter http://tinyurl.com/badehosensammlung