Solingen SPD-Chef wirbt für Koalitionsvertrag

Solingen · Beim Parteitag morgen und noch einmal im Dezember diskutieren die Genossen über die große Koalition in Berlin. Solingens SPD-Chef Josef Neumann erwartet vom Vertrag Einsparungen für die Stadt von rund zehn Millionen Euro.

Der Vertrag ist unterschrieben, doch jetzt beginnt die Überzeugungsarbeit — auch in der Klingenstadt. Nachdem sich Union und Sozialdemokraten in dieser Woche in Berlin auf eine große Koalition verständigten, gingen in der SPD-Zentrale am Birkenweiher gestern Briefe mit Zusammenfassungen des Koalitionsvertrages an die 600 Solinger Genossen raus.

Dabei ist die Richtung klar. SPD-Chef Josef Neumann will morgen beim Unterbezirksparteitag der Partei für ein Ja zur politischen "Ehe" mit CDU/CSU werben. "Der Vertrag ist akzeptabel", sagte Josef Neumann gestern.

Zwar habe die SPD einige sprichwörtliche Kröten wie Pkw-Maut und Betreuungsgeld schlucken müssen, räumte der Parteivorsitzende und Landtagsabgeordnete ein. Dennoch überwiegen für ihn die positiven Aspekte. So trage die Vereinbarung in Sachen Mindestlohn, Rente und Kommunalfinanzen durchaus eine sozialdemokratische Handschrift, so Neumann.

"Unter anderem durch das vereinbarte neue Gesetz zur Eingliederung für Menschen mit Behinderung könnte die Stadt an die zehn Millionen Euro einsparen", sagte der SPD-Chef. Darüber hinaus werde aber auch der Mindestlohn die Rathauskasse entlasten, denn dadurch fielen Kosten für Hartz-IV-Aufstocker weg.

"Der Koalitionsvertrag bringt Vorteile für hart arbeitende Menschen, die wiederum unsere industrielle Region bis zum heutigen Tag prägen", urteilte der SPD-Vorsitzende. Deshalb werde er seinen Parteifreunden beim Parteitag morgen, und bei einer eigens anberaumten Mitgliederversammlung zum Thema Koalition im Dezember die Annahme des Koalitionsvertrages empfehlen, sagte Neumann. Er gehe davon aus, dass es am Ende unter den Sozialdemokraten in Solingen eine Mehrheit für die Zusammenarbeit mit der Union auf Bundesebene geben werde.

Das glaubt auch Richard Schmidt. Der Bezirksbürgermeister von Mitte sieht die Sozialdemokraten grundsätzlich in der Pflicht, mitzuregieren. Gleichwohl ist der Sozialdemokrat mit dem Vertrag nicht rundum zufrieden. "Die Maut halte ich für falsch, die zeitliche Streckung des Mindestlohnes ebenso. Der müsste innerhalb der nächsten sechs Monate umgesetzt werden", sagte Schmidt am Donnerstag.

Auch, dass die Arbeitnehmer weiter einen höheren Anteil an der Krankenversicherung zahlen müssen, ist dem Bezirksbürgermeister ein Dorn im Auge: "Das wollte die SPD korrigieren, das hat sie nicht geschafft." Die Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren und die Mütterente findet Richard Schmidt dagegen gut, so dass er dem Koalitionsvertrag "mit Bauschmerzen zustimmen" wird.

Für Birgit Zeier gibt es zur großen Koalition und den ausgehandelten Vertrag ebenfalls keine Alternative. So, wie die Weichen nun in Berlin gestellt worden sind, findet die Walder Bezirksbürgermeisterin gut. Überraschungen bei der Mitgliederbefragung unter ihren SPD-Parteifreunden erwartet sie in Solingen jedenfalls nicht: "Der überwiegende Teil der Mitglieder trägt das Verhandlungsergebnis mit."

SPD-Fraktionsvorsitzender Tim Kurzbach, der morgen auf dem Parteitag offiziell zum Oberbürgermeister-Kandidaten seiner Partei gewählt werden soll, ist dagegen im Moment noch skeptisch. "Ich will mich zunächst mit dem ausgehandelten Vertrag intensiv auseinandersetzen, von daher steht meine Entscheidung noch nicht fest", sagte Kurzbach gestern. Er weiß aber: "Bei einer Koalition findet sich keine der beteiligten Parteien zu 100 Prozent wieder."

(RP)
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