Solingen Sparen wird tägliche Kontrollaufgabe

Solingen · Kämmerer Ralf Weeke präsentierte dem Rat den Haushalt 2016. Seine Rechnung: Im Jahr 2018 steht die anvisierte schwarze Null. Die kalkulierten Kosten für Flüchtlinge basieren allerdings auf Hypothesen und unsichere Prognosen.

Es gibt die ungeschriebene Regel, dass einem neuen Amtsinhaber 100 Tage Zeit gegeben werden, sich in Ruhe einzuarbeiten. "Es wäre schön gewesen, wenn ich diese Frist auch hätte", sagt Tim Kurzbach. Bereits in den Wochen des Wahlkampfes war absehbar gewesen, dass der neue Oberbürgermeister vom ersten Tag an im Rathaus gefordert sein würde. Zu akut und bedeutend waren die Probleme, die die Flüchtlinge oder die städtische Haushaltslage betreffen - und sie sind es immer noch.

Der Kämmerer hat sich in Absprache mit der Bezirksregierung bewusst dafür entschieden, den Haushaltsentwurf 2016 nicht direkt nach den Sommerferien dem Rat vorzulegen. "Wir wollten dem neuen Oberbürgermeister die Gelegenheit geben, eigene neue Akzente zu setzen", sagte Ralf Weeke. Das habe dazu geführt, dass die Verwaltung gemessen an den zeitlichen Vorgaben des Stärkungspaktgesetzes mit der Einbringung spät dran sei.

Gestern Abend im Rat hat der städtische Finanzchef seinen Etat-Entwurf unter dem Titel "Alles im Fluss" vorgestellt, der die für das Jahr 2018 anvisierte schwarze Null trotz der Kosten für die Unterbringung von Flüchtlingen vorsieht. "Dieser Bereich bedeutet nach wie vor die größten Schwierigkeiten, um eine zuverlässige Aussage über die Größenordnung der zu erwartenden Kosten treffen zu können."

"Weil niemand über gesicherte Erkenntnisse über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen verfügt", bleibt Weeke nichts anders übrig, als für die kommenden Jahre eine Rechnung auf Basis von Hypothesen zu erstellen. Diese betreffen die Zahl der zu erwartenden Asylsuchenden (300 pro Monat), die Stichtagsregelung für die Zuweisung des Pauschalbetrages pro Flüchtling (monatlich statt jährlich) oder den Kostendeckungsgrad. 2015 lag dieser bei 18,3 Prozent, ab dem kommenden Jahr spekuliert die Stadt auf eine Quote von rund 90 Prozent. Tim Kurzbach betont: "Der Bund ist hier in der Verpflichtung".

Eine radikale Streichliste wie im Vorjahr beinhaltet der Haushalt 2016 nicht. Stattdessen tauchen in dem Zahlenwerk in verschieden Bereichen Maßnahmen nach dem Prinzip "Investieren um zu sparen" auf. "Der Sanierungsstau ist immens, die Kosten für die Instandhaltung laufen uns davon", nannte Tim Kurzbach ein Beispiel. Maßnahmen an Grundschulen werden vorgezogen, für den Neubau des in die Jahre gekommenen Hallenbades Vogelsang soll eine Sonderkreditermächtigung eingeholt werden. Investiert werden soll aber auch in das betriebliche Gesundheitsmanagement, in die Umsetzung einer Gebäudesanierungsstrategie oder die interne Einkommens- und Vermögensüberprüfung - jeweils mit dem Ziel, Folgekosten zu vermeiden.

In diesem Zusammenhang wird die Kämmerei ab sofort eine andauernde, konsequente Kontrolle des Haushaltes vornehmen. Das betrifft auch die Beteiligungsgesellschaft (BSG) mit all ihren Töchtern, weswegen Ralf Weeke hier als zweiter Geschäftsführer eingesetzt werden soll. "Sparen ist eine tägliche Aufgabe", sagte der Oberbürgermeister.

Die ominöse Sparmaßnahme der "M-Flex" existiert im neuen Etat-Entwurf nicht mehr. "Wenn wir früher gewusst hätten, dass wir ein deutliches Plus bei den Gewerbesteuern verzeichnen würden, hätten wir sie schon im Sommer aushebeln können." Weeke rechnet statt 76 Millionen Euro für 2015 mit Einnahmen in Höhe von 86 Millionen Euro.

(gra)
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