Solingen Spannende Geschichten aus der Südstadt

Solingen · Die Tour der IG Stadtführungen geht ins Zentrum der früher selbstständigen Stadt Dorp. Axel Birkenbeul erzählte von neuzeitlichen Kaffeeröstern und einem mittelalterlichen Bauernhof.

 Wie die Südstadt sich gewandelt hat - auch das ist bei der Tour mit Stadtführer Axel Birkenbeul deutlich geworden.

Wie die Südstadt sich gewandelt hat - auch das ist bei der Tour mit Stadtführer Axel Birkenbeul deutlich geworden.

Foto: Köhlen Stephan

Los geht es an der Brühler Straße, auf der Brücke über die Bahngleise. "Unsere erste Sehenswürdigkeit", sagt Stadtführer Axel Birkenbeul. Über diese Brücke in Sichtweise des Haltepunkts Solingen-Mitte rollte früher die Straßenbahnlinie vier - besser gesagt über ihre Vorgängerin, die hier bis in die 1980er Jahre von einem imposanten Stahlgerüst getragen wurde.

Gleich bei der Brücke an der Brühler Straße 33 steht sie: die erste Villa, mit leicht verwittertem Anstrich. Denn um die Villen der Südstadt geht es in Birkenbeuls Führung. Er nennt sie nach ihrem Erbauer "Villa Richard Küllenberg", dessen Familie viele Betriebe in der Südstadt besaß. Zum Beispiel eine Ziegelei in der Bismarckstraße, für die der Lehm auf dem heutigen Gebiet der Kleingartenanlage Gabelsbergerstraße abgegraben wurde und dort Löcher hinterließ. Birkenbeul hält einen Plan der Villa Küllenberg hoch. Darauf war noch ein Gewächshaus geplant und eine Turmspitze zu sehen, die heute fehlt.

Die Gegend dort, nah den Bahngleisen, habe bis vor 60 oder 70 Jahren "Am Wiedenhof" geheißen, sagt Birkenbeul und erklärt, warum: Schräg gegenüber, neben der Tankstelle, stehen in schlechtem Zustand und kaum noch als solche erkennbar die Reste eines Bauernhofes.

Ab dem Mittelalter befand sich an dieser Stelle ein Pfarrhof der katholischen Kirche ("Wiedem" heißt so viel wie "Grundbesitz mit Gebäude"), der sich bis zum früheren Hauptbahnhof erstreckte und 1660 urkundlich erwähnt wurde. Pfarrer Abraham Lüneschloß verwaltete das Gut, an ihn erinnert die abzweigende Lüneschloßstraße. Zur Zeit der Besatzung durch das napoleonische Frankreich ging der Hof 1811 in Privatbesitz über. Ein paar Meter weiter stehen in der Rathausstraße 24 und 26 zwei Villen-Schätze. "Zwei tolle Gebäude, fast symmetrisch", weist Birkenbeul die Zuhörer auf die Konstellation hin. Dort, wo heute das Unternehmen Umzüge Wolf seinen Sitz hat, stellte die Firma Robert Löhmer von 1852 bis 1965 in der Rösterei "Löhmers Kaffee" her. Den Werbeslogan hat Birkenbeul noch heute parat: "Kenner trinken überall - Löhmers Kaffee - klarer Fall". Die Brüder Artur und Alfred Löhmer erbauten die Zwillingvillen 1892. Birkenbeul weist auf die aufwendig geschnitzten, hohen Holztüren hin. "Die sind so alt wie die Häuser selbst."

Die Rathausstraße bietet noch mehr schöne alte Gebäude, denen der Durchgangsverkehr aber kaum Beachtung schenkt. "Das waren früher ganz teure Häuser hier", sagt Birkenbeul. Der Grund: Das imposante, leicht zurückversetzte Gebäude Nr. 20/22 von 1885 war bis zur Eingemeindung nach Solingen 1889 das Rathaus der Stadt Dorp. Auf der Fläche gegenüber befand sich früher der "repräsentative Dorper Marktplatz", ein "schön gestalteter Park". Heute stellen dort die Anwohner ihre Autos ab. Die Stadt verkaufte das Rathausgebäude 1922 an die danebenliegende Stahlwarenfirma Richard Abraham Herder, die heute im Besitz der Remscheider Gedore-Gruppe ist.

(bjd)
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