Geschwächtes Ferkel in Solingen aufgepäppelt Ein Frischling hat Schwein gehabt

Eine Solingerin entdeckte in ihrem Garten im Gebüsch ein von der Hitze geschwächtes Wildschweinferkel. Sie päppelte es auf – verbotenerweise.

 Joel (10) und seine Mutter haben im Garten ein Wildschwein-Frischling gefunden.

Joel (10) und seine Mutter haben im Garten ein Wildschwein-Frischling gefunden.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Wer vier Kinder hat, der braucht nicht lange nach einem Namen für einen plötzlichen Neuankömmling in der Familie zu suchen: „Babe“, „Ferdinand Ferkel“, oder „Detlef“ sind nur drei Vorschläge, die auf die Mutter hineinprasseln, als sie mit dem geschwächten und halbverdursteten Schweinekind auf dem Arm vom Garten ins Haus zurückkommt.

„Ich wollte am Teich nach den Enten und Gänsen schauen, wie es denen bei der Hitze ergeht“, erzählt die Ohligserin. „Da hörte ich ein seltsames Röcheln im Gebüsch. Ich habe dann genauer geguckt, und da lag dann der Frischling auf der Seite und hat nach Luft geschnappt.“ Mit Wasser und kalten feuchten Tüchern kühlt sie das borstige Tierkind ab, bringt es in einen Kellerraum, bietet ihm  ein paar Weintrauben an. „Das hat keine zwei Minuten gedauert, da war der Kleine auf den Beinen, rannte laut quickend durch den Raum und wurde dann sogar richtig großkotzig und aufmüpfig und hat versucht, gegen meine Beine zu rammen.“  Daher war klar – trotz emsiger Bettelei vor allem des zehnjährigen Joel: Das Schwein muss wieder weg. Und zwar möglichst genauso schnell, wie es auch aufgetaucht ist.

„Ich konnte leider bei den Behörden am Mittwochnachmittag niemanden erreichen. Über den Nabu habe ich dann mit einem Förster telefoniert, der mir Tipps zur Erstversorgung gab. Er riet zu Katzenmilch, weil Frischlinge dieses Alters ja noch gesäugt werden.“  Währenddessen verschickt die Journalistin ein Foto des kleinen Findlings an ihre Freunde,  Reaktionen folgen prompt. „Ich kann nur sagen, die Resonanzen waren, nennen wir es: geschlechtsspezifisch“, erzählt sie und lacht. „Während meine weiblichen Freunde mit Begriffen wie „süß“ oder „niedlich“ antworteten, kam von den Männern nur „jamjam“ oder „machst du Klöße und Rotkohl dazu?“

Nachdem der agile, kleine Streifling eine Nacht im Keller verbracht, zwei Fläschchen Katzenmilch ausgetrunken und ansonsten echte Schweinereien veranstaltet hat („Er hat alles umgenietet, was dort stand, Schüsseln mit Obst ausgekippt, die Wasserschale durch den Raum gewirbelt), erreicht die Frischling-Retterin am nächsten Morgen dann Revierförster Markus Schlösser. Der rät dazu, dass Schweinchen am Abend wieder genau dort auszusetzen, wo es gefunden wurde: mitten im Garten, direkt am Teich.

„Dass die Wildschweinrotten aus der Ohligser Heide nachts durch unsere Gärten ziehen, ist hier am Theodor-Storm-Weg allseits bekannt. Sie graben unsere Gärten besser um, als jede Pflugmaschine“; weiß die Anwohnerin aus langjähriger Erfahrung. „Ich hoffe nur, dass die Bache heute Nacht den Kleinen  noch annimmt, trotz des Menschengeruchs.“

Markus Schlösser sollte und will das alles eigentlich gar nicht wissen – die Versorgung von Wildtieren sei ein äußerst zweischneidiges Messer. „Das ist jetzt ein Sonderfall, weil der Frischling auf Privatgrundstück gefunden wurde. Aber wer zum Beispiel ein durch Hitze geschwächtes Tier mit nach Hause nimmt, um es dort aufzupäppeln, macht sich schlicht des Wildtierraubes strafbar“, weiß der Experte. „Dass das moralisch einwandfrei ist, einem in Not geratenem Tier zu helfen, muss ich nicht erwähnen. Richtig ist es, gerade bei diesen Temperaturen, aufmerksam durch den Wald zu gehen und, wenn man ein schwaches Tier findet, es liegen zu lassen und die Behörden zu informieren, damit die sich darum kümmern können.“

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