Kinderstück des Solinger Stadtensembles Das Publikum liebt die Weihnachtsgeschichte

Solingen · Das Stadtensemble verlegt die Heimat von Ebenezer Scrooge nach Gräfrath. Im Saal wird gelacht, entsetzt geschrieen oder erschrocken gekreischt.

 Die Rolle des geizigen und verbitterten Ebenezer Scrooge ist Uwe Dahlhaus (M.) wie auf den Leib geschrieben.

Die Rolle des geizigen und verbitterten Ebenezer Scrooge ist Uwe Dahlhaus (M.) wie auf den Leib geschrieben.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Der Pina-Bausch-Saal ist randvoll besetzt mit Grundschülern. Voller Vorfreude wird getuschelt und geflüstert. Mit viel Applaus werden die vier Musiker empfangen. Dann geht der Vorhang auf – und alle werden unmittelbar auf den winterlich verschneiten Gräfrather Marktplatz versetzt, wo am Heiligen Abend ein munteres Treiben herrscht.

Die Straßenmusikerin Jenny, mit viel Elan verkörpert von Renate Kemperdick, betritt mit ihrem Leierkasten die Szene und singt das Lied vom Geizhals und Ekel Ebenezer Scrooge, den wirklich jeder kennt, weil er so skrupellos Schulden eintreibt und nur sein Geld liebt. Als Scrooge schließlich leibhaftig auf den Marktplatz kommt, flüchten die Menschen, und der Geizhals erklärt deutlich, was er von Weihnachten hält: „Heiligabend ist ein Fest für faules, nichtsnutziges Gesindel. Alles Humbug.“

Wunderbar knodderig und bösartig, von der Last des Reichtums gebeugt, ist Uwe Dahlhaus die Rolle des Ebenezer Scrooge auf den Leib geschrieben. Das wundert nicht, hat er das Stück doch selbst nach den Motiven von Charles Dickens verfasst.

Die Kinder im Publikum sind in jedem Moment mit voller Seele bei der Handlung. Mit der Inszenierung „Eine Weihnachtsgeschichte“ hat es das Solinger Stadtensemble unter der Regie von Michael Tesch geschafft, sein junges Publikum alle Gefühlsregungen durchleben zu lassen. Da wird gelacht, wenn der schlummernde Scrooge von seinem Stuhl fällt. Oder es wird entsetzt geschrien, wenn der Geist des ehemaligen Kompagnons Marley den uneinsichtigen Scrooge mit Blitzen zur Räson bringt. Es wird erschrocken gekreischt, wenn der Geist der vergangenen Weihnacht plötzlich aus der Standuhr tritt. Staunend werden die Zeitreisen erlebt. Die schwungvolle Musik bringt die Kinder zum Klatschen, und auch die immer wiederkehrende Leierkasten-Jenny, die den Fortgang der Geschichte singend erzählt, wird mit viel Begeisterung über die Bühne begleitet.

So wird die Botschaft der Weihnachtsgeschichte auch für die jungen Zuschauer erleb- und begreifbar. Sie erfassen schnell, dass das Leben des Ebenezer Scrooge, das geprägt ist von Habgier und Gefühlskälte, nicht erstrebenswert ist, dass Geiz eben nicht geil ist. Auch die mit viel Liebe gestalteten Bühnenbilder sorgen für die richtige Atmosphäre der jeweiligen Szene. Das Publikum fiebert bis zur letzten Szene mit. Es erlebt den allmählichen ­Wandel des unsympathischen Scrooge, der der Begegnung mit den Geistern der vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht nicht entkommen kann. Und es ist am Ende glücklich mit dem völlig neuen Scrooge, der sein Herz wiedergefunden hat.

„Das Kinderstück ist im vergangenen Jahr so gut gelaufen, dass wir in diesem Jahr eine Vorstellung mehr angesetzt haben“, sagt Manuela Hoor vom Kulturmanagement Solingen. Bereits vor den Sommerferien hatten die Grundschulen ihre Tickes reserviert. „Die meisten Solinger Grundschulen kommen und auch Gruppen aus Wuppertal oder sogar aus Odental“, freut sich Hoor über die rege Nachfrage.

Ganz offensichtlich ist die alte Geschichte von Charles Dickens auch heute noch aktuell. So hat das Stadtensemble mit „Eine Weihnachtsgeschichte“ genau den richtigen Ton getroffen.

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