Mordprozess vor dem Landgericht Wuppertal Ärztin schildert grausame Details über Tod von Zweijähriger

Solingen/Wuppertal · Zum Auftakt des Mordprozesses um den qualvollen Tod eines zweijährigen Mädchens bestreitet ein 18-jähriger Solinger, das Kind absichtlich getötet zu haben. Die Mutter ist wegen Unterlassung der Fürsorgepflicht ebenfalls angeklagt. Die Aussage einer Ärztin schockiert zutiefst.

 Auf der Anklagebank sitzen ein 18-jähriger ­Solinger sowie die 25-jährige Mutter eines zweijährigen Mädchens, das der Mann zu Tode gequält haben soll.

Auf der Anklagebank sitzen ein 18-jähriger ­Solinger sowie die 25-jährige Mutter eines zweijährigen Mädchens, das der Mann zu Tode gequält haben soll.

Foto: Sabine Maguire

Es war der 10. Januar gegen 20 Uhr, als die Notärztin zum Einsatz gerufen wurde. Es gebe einen Notfall mit einem Kind, die Reanimation durch die Rettungssanitäter sei bereits im Gange. Sie habe erst an einen plötzlichen Kindstod gedacht und sich vor einer solchen Situation gefürchtet, weil sie dass bei ihren Einsätzen bislang noch nicht erlebt habe. Im Zeugenstand rang die sichtlich erschütterte Ärztin um Worte, als sie das beschreiben sollte, was sie – damals in der Zeppelinstraße angekommen – erlebt hat. Das kleine Mädchen habe leblos auf dem Boden gelegen. Schnell sei klar gewesen, dass es bereits längere Zeit tot gewesen sein muss.

Vom Kopf bis zum Schambereich übersät mit roten Flecken, die teilweise von Verbrennungen herrührten. Dazu noch ein Bluterguss am Kopf und eine Bisswunde in der Brust. „Es war schnell klar, dass nur eine unnatürliche Todesursache infrage kommt“, erinnerte sich die Ärztin an ihren Einsatz. Später wird im rechtsmedizinischen Gutachten stehen, dass das zwei Jahre alte Kind durch Strangulation gestorben ist. Hinzu kamen schwere Hirnverletzungen und innere Blutungen.

Die Mutter des Kindes habe damals den Rettungsdienst gerufen und während des Einsatzes in der Tür zum Wohnzimmer gestanden. Sie will erst kurz zuvor nach Hause gekommen sein und ihre Tochter leblos auf dem Boden liegend vorgefunden haben. Ihr Freund, der erst wenige Monate zuvor bei ihr eingezogen war, sei mit dem Mädchen allein zuhause gewesen.

Laut Anklage soll die Mutter gesagt haben, ihr Lebensgefährte habe das Kind schon in der Nacht zuvor gequält und misshandelt, weil ihn das Weinen gestört habe. Er soll die Zweijährige minutenlang unter die heiße Dusche gestellt haben, bis sich die Haut abgelöst habe. Er soll das Kind geschlagen, getreten und gebissen haben. Und das über mehrere Stunden hinweg, bis man um 5 Uhr morgens eingeschlafen und erst am nächsten Nachmittag wieder aufgewacht sei. Sie selbst habe dann das Haus verlassen, um zu ihrer Mutter zu gehen. Ihr Freund sei mit ihrer Tochter allein zuhause gewesen. Er soll sie später angerufen haben, um ihr zu sagen, dass das kleine Mädchen leblos auf dem Boden liege.

Weil sie nicht eingeschritten ist, um ihre Tochter zu schützen, muss sich die 25-jährige nun wegen fehlender Fürsorgepflicht verantworten. Ihr Lebensgefährte (18) ist wegen Mordes angeklagt. Einlassen will sich die Frau nur schriftlich, und das auch erst in der nächsten Woche. Ihr Verteidiger erklärte, seine Mandantin verfüge nur über begrenzte intellektuelle Möglichkeiten und wolle sich darüber hinaus nicht zur Tat äußern. Sie habe in der Kindheit und auch im Beziehungsleben Gewalterfahrungen gemacht und könne ihre Gefühle nicht zeigen.

Zuvor hatte sich der 18-Jährige zu den Tatvorwürfen geäußert und dem Gericht eine gänzlich andere Geschichte erzählt. Er habe seine Lebensgefährtin, die noch ein weiteres Kind hat, nur wenige Monate zuvor in einem Kiosk kennengelernt. Dort sei er gestrandet, weil man ihn wegen eines Haftbefehls gesucht habe. Die Solingerin habe ihn schon am ersten Tag in ihrer Wohnung aufgenommen, wo man fortan eine Beziehung gelebt habe, in der die Freundin dominant gewesen sei.

Beim Sex habe sie ihn gefesselt, und er habe sie schlagen müssen. Als er das verweigert habe, soll sie ihm damit gedroht haben, ihn wegen Vergewaltigung anzuzeigen. Die Misshandlungen des zweijährigen Mädchens habe er gemeinsam mit seiner Freundin vollzogen, weil sie ihn dazu gezwungen habe. Sie habe ihm genaue Anweisungen gegeben, was er habe tun sollen. „Das Kind klatschen und unter die heiße Dusche stellen“ – das habe sie auch selbst mit der Tochter gemacht. Dazu hätten sowohl er als auch die Mutter die Misshandlungen mit dem Handy gefilmt – seine Freundin habe die Videos im Internet verkaufen wollen. Mitgemacht habe er das alles nur, weil seine Lebensgefährtin ihm angedroht haben soll, seine Cousine zur Prostitution mit älteren Männern zu zwingen. Er sei bei den Misshandlungen auch oft aus der Wohnung gegangen, weil es ihm zu viel gewesen sei. „Ich bin dann spazieren gegangen“, so der Angeklagte.

Mit der Tat selbst will er nichts zu tun haben. Er sei am Abend vorher nicht zuhause gewesen, habe dann geschlafen und als er aufgewacht sei, habe das Mädchen etwas trinken wollen. Ihm sei aufgefallen, dass es schief auf ihn zugelaufen sei. Während er in der Küche ein Glas Wasser holen wollte, sei das Kind im Wohnzimmer zusammengebrochen. Er habe versucht, die Zweijährige wiederzubeleben und die Mutter angerufen, die ihm verboten haben soll, den Rettungsdienst zu alarmieren. Als diese in der Wohnung angekommen sei, habe sie ihm ein Busticket in die Hand gedrückt und ihn aufgefordert zu gehen. Die Polizei habe ihn schließlich am nächsten Tag im Bus aufgegriffen.

Der Prozess wird am Donnerstag, 23. August, vor dem Wuppertaler Landgericht fortgesetzt.

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