Oberbürgermeister-Wahl in Solingen Das CDU-Problem hat einen Namen: Kurzbach
Solingen · Analyse Zwei Jahre vor der Wahl ist unklar, wen die Union als Herausforderer von Tim Kurzbach (SPD) benennen will. Sogar der Verzicht auf einen Kandidaten ist denkbar. Das liegt zum einen an den Erfolgen des OB, die selbst die CDU anerkennt. Dazu kommen aber auch interne Gründe.
Der Termin steht schon seit geraumer Zeit fest – und genauso lange wissen die Teilnehmer, wie die Zusammenkunft des Ältestenrates wohl ausgehen wird. Am Montag treffen sich Vertreter der Ratsfraktionen mit Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) im Rathaus. Einziger Tagesordnungspunkt ist dann das Nachhaltigkeitskonzept der Stadt, das bereits vor der Sommerpause in den Rat eingebracht worden war und das jetzt, im September, verabschiedet werden soll.
Wobei niemand zweifelt, dass es so kommen wird. Einerseits erlangt die Nachhaltigkeit nämlich auch auf kommunaler Ebene eine immer größere Bedeutung. Was andererseits heißt, dass sich die Solinger Akteure der städtischen Offensive kaum zu entziehen vermögen – zumal der Rahmen im Vorfeld auf Bürgerversammlungen gesetzt worden ist und die Parteien im Frühsommer von OB Kurzbach aufgefordert worden sind, mit Vorschlägen an der endgültigen Fassung mitzuarbeiten.
Dass Nachbesserungsbedarf besteht, ist dabei für viele vor allem in der CDU unstrittig. So betrachten die Christdemokraten etwa einen Passus, der es ab einem bestimmten Zeitpunkt verbietet, für Gewerbe auf Grünflächen zurückzugreifen, mit Skepsis. Gleichzeitig ist man sich aber sicher, dass zuletzt ein Kompromiss gefunden wird, dem man sich nicht entziehen kann und will.
Also Ende gut, alles gut? Für die CDU wohl eher nicht. Denn die Nachhaltigkeits-Debatte zeigt einmal mehr in aller Klarheit, dass es den Christdemokraten seit drei Jahren nicht gelingt, den Oberbürgermeister von der sozialdemokratischen Konkurrenz zu stellen. Egal ob Haushaltssanierung, Neubau des Hallenbades Vogelsang, Digitalisierung oder Kitas: Seit Übernahme der Amtsgeschäfte im Oktober 2015 ist es Kurzbach tatsächlich – auch jenseits der Nachhaltigkeit – gelungen, eine Reihe von Entwicklungen anzustoßen, die unbestreitbar gut für die Stadt sind und die mit seinem Namen verbunden werden.
Was für die CDU jedoch zwei Jahre vor den nächsten Kommunalwahlen immer mehr zum Problem wird. Obwohl die Partei mit dem Sicherheitskonzept sowie in Verkehrsfragen in der laufenden Ratsperiode durchaus eigene Akzente gesetzt und zudem der Versuchung widerstanden hat, Opposition um der Opposition willen zu betreiben, zahlt sie nun einen hohen Preis. Denn der Union fällt die Abgrenzung schwer. Gleichzeitig wurde es aber auch versäumt, beizeiten einen geeigneten Herausforderer für Tim Kurzbach aufzubauen. Jedenfalls ist nicht mehr auszuschließen, dass die Partei, die die größte Ratsfraktion stellt, 2020 ohne eigenen OB-Kandidaten ins Rennen geht.
Zwar wurde noch vor der Sommerpause eine sogenannte Findungskommission installiert, die Ausschau halten soll nach Bewerbern. Doch dem Vernehmen nach hält sich der Andrang bisher in eher engen Grenzen, was auch darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die Solinger CDU nach wie vor nicht wirklich einig auftritt. Gewiss, die Zeit offener Machtkämpfe ist vorbei. Aber hinter den Kulissen werden wie früher Intrigen gesponnen, wodurch die wenigen denkbaren Anwärter zusätzlich abgeschreckt werden.
Deshalb wird es sich der zurzeit meist genannte Christdemokrat, Fraktionschef Carsten Voigt, wohl zweimal überlegen, ob er sich eine Kandidatur antun will. Offiziell gibt sich der Burger in diesen Tagen noch bedeckt und verweist darauf, dass die ganze Diskussion zu früh komme. Doch parallel weiß Voigt nur zu gut, dass er, sollte er seinen Hut in den Ring werfen, ein hohes Risiko eingeht.
„Scheitert der Fraktionschef bei der OB-Wahl, ist er verbrannt“, sagt in diesem Zusammenhang ein Parteifreund, der wenig Chancen sieht, Tim Kurzbach im übernächsten Jahr zu schlagen. „Zum einen muss man dem OB lassen, dass er einige Sachen wirklich richtig gemacht hat. Und zum anderen kommt doch jetzt die Zeit, in der er die Erfolge ernten kann“, sagt der CDU-Mann zum Beispiel mit Blick auf die Eröffnung des Bades Vogelsang, die 2019 pünktlich zu Beginn des Wahlkampfes erfolgen dürfte.
Dementsprechend herrscht in der Union Fatalismus vor. „Wenn überhaupt, können wir nur einen Zählkandidaten präsentieren“, gibt sich ein Ratsmitglied pessimistisch – zumal ein anderer potenzieller, zuletzt häufig ins Spiel gebrachter Kurzbach-Herausforderer ebenfalls wegfällt. „Für mich ist eine OB-Kandidatur 2020 definitiv kein Thema“, betonte am Donnerstag der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Daniel Flemm auf Anfrage unserer Redaktion.
Dabei gerät zum wiederholten Mal die Parteispitze in die Kritik. CDU-Chef Sebastian Haug wird vorgeworfen, eine Profilierung versäumt zu haben. „Der Vorsitzende ist zu passiv, spielt in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle“, klagt ein Ratspolitiker, während ein anderer Christdemokrat die Schuld in der Zerrissenheit der Partei sieht. „Bei uns kochen noch viel zu viele ihr eigenes Süppchen“, schimpft der CDU-Mann.
Was wiederum die Suche nach einem Kandidaten zusätzlich erschwert. Denn unter den augenblicklichen Umständen dürften, so die Meinung in der Partei, auch andere gehandelte Bewerber wie zum Beispiel der Ohligser Bezirksbürgermeister Marc Westkämper oder der Landtagsabgeordnete Arne Moritz wenig Lust verspüren, sich in den OB-Wahlkampf mit Kurzbach zu stürzen.
„Die Lage ist misslich“, fasst ein führender Unions-Politiker die Situation zusammen. Ihn ärgert vor allem, dass „Tim Kurzbach mit seiner SPD doch nicht unschlagbar ist“. Immerhin könne in den folgenden 24 Monaten noch viel passieren, weswegen der Mann – im Gegensatz zu manch anderem – auf keinen Fall auf einen Kandidaten verzichten will. Das wäre „ein Armutszeugnis“ für die CDU.