Solingen Solinger auf Liste des Nazi-Trios

Solingen · Bei den Ermittlungen im zerstörten Wohnhaus des Zwickauer Neonazi-Trios tauchte eine Liste mit rund 10 000 Adressen von Personen und Organisationen auf. 2500 der Einträge sind aus NRW, mehrere Solinger Büros und Personen sind aufgelistet. Betroffene warnen vor Panikmache.

 Von 2008 bis 2011 lebte das Neonazi-Trio in diesem Zwickauer Haus. Vermutlich führte die jüngst verhaftete Beate Zschäpe die Explosion am 4. November herbei. Die Polizei fand die Liste ausgedruckt und auf Datenträgern in den Trümmern. Das Haus soll jetzt abgerissen werden.

Von 2008 bis 2011 lebte das Neonazi-Trio in diesem Zwickauer Haus. Vermutlich führte die jüngst verhaftete Beate Zschäpe die Explosion am 4. November herbei. Die Polizei fand die Liste ausgedruckt und auf Datenträgern in den Trümmern. Das Haus soll jetzt abgerissen werden.

Foto: dapd

Mehr als 10 000 Namen und Adressen von Personen und Organisationen schrieben Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe in eine Liste. 2500 der Einträge führen zu Menschen und Orten in NRW, meist zu Politikern und ihren Büros. Wollte das Neonazi-Trio Anschläge auf diese Ziele verüben? Das ist noch unklar. Doch mindestens zehn Morde, mehrere Bombenanschläge und Überfälle sollen auf das Konto der Rechtsradikalen gehen. Auch die Geschäftsstelle des CDU-Kreisverbandes Solingen ist mit aufgezählt.

Die Liste wurde im Jahr 2005 angefertigt. Das geht aus einem Brief der SPD-Bundestagsfraktion an ihre Mitglieder vom vergangenen Donnerstag hervor. Die Informationen daraus stammen vom Bundeskriminalamt. Demnach weise die Liste keine Systematik auf. "Es scheint sich um eine Zusammenstellung von öffentlich zugänglichen Verzeichnissen zu handeln", heißt es in dem Brief.

Staatsschutz besuchte die CDU

Mit dem Alter der Liste ist auch zu erklären, warum das Solinger Büro der früheren SPD-Abgeordneten Ernst Martin Walsken, Erika Rothstein und Hans-Werner Bertl an der Mummstraße in der Liste auftaucht. "Ich habe das Büro bereits 2006 aufgelöst", sagt Bertl unserer Zeitung verwundert. Er selbst sei nicht von Polizei oder Staatsschutz informiert worden, ob er als Person auf der Liste stehe — auch Walsken und Rothstein bekamen keine Nachricht. "Alle Personen, die mit ihrem Namen oder ihrer Anschrift in der Liste aufgeführt sind, werden von der zuständigen Polizeidienststelle darüber informiert. Meiner Kenntnis nach ist dieser Vorgang aber bereits abgeschlossen", sagte die Sprecherin des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden, Barbara Hübner. Sie verwies jedoch auch darauf, dass die einzelnen Behörden unterschiedlich vorgingen.

Im Fall des CDU-Kreisverbandes stattete der Staatsschutz dem Büro sogar einen persönlichen Besuch ab, sagt Wolfgang Müller, Beisitzer im CDU-Kreisparteivorstand. "Der Beamte sagte ausdrücklich, dass es keinen Grund zur Besorgnis gebe." Das will sich Müller zu Herzen nehmen. Zwar sei es "nicht schön", als Institution Teil der Aufzählung zu sein, aber es beunruhige ihn nicht.

Sylvia Löhrmann, stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin und Schulministerin in der rot-grünen Landesregierung, wollte sich auf Anfrage nicht äußern, ob sie auf der Liste der rechtsradikalen Terroristen stehe. Die Grünen-Politikerin warnte jedoch davor, der Liste zu viel Bedeutung zuzumessen. Auch Arne Moritz, Solinger CDU-Landtagsabgeordneter in NRW, sagte: "Bedroht sind und waren doch vor allem Menschen mit Migrationshintergrund. Davon darf jetzt nicht abgelenkt werden."

Der SPD-Landtagsabgeordnete Josef Neumann sagte auch in Hinblick auf den Solinger Brandanschlag von 1993: "Ich engagiere mich seit Jahrzehnten gegen Rechtsradikale. Mich verwundert nicht, dass so eine Liste existiert. Aber mich überrascht, dass viele Andere davon überrascht zu sein scheinen." Er selbst wollte sich, ebenso wie Löhrmann, nicht dazu äußern, ob er als Person auf der Liste stehe.

(RP)
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