Exkursion in Solinger Naturschutzgebiet Zurück zu den Wurzeln in der Ohligser Heide

Solingen · Dr. Jan Boomers von der Biologischen Station zeigte bei einer Exkursion, wie sich der Klimawandel auswirkt.

    25 Interessierte scharte Dr. Jan Boomers (links) bei der Exkursion ins Naturschutzgebiet um sich.

 25 Interessierte scharte Dr. Jan Boomers (links) bei der Exkursion ins Naturschutzgebiet um sich.

Foto: Fred Lothar Melchior/Fred lotha melchior

Der Begriff Feuchtheide wird 25 Frauen und Männern in Erinnerung bleiben: Bei nassem und stürmischem Wetter folgten sie am Samstagnachmittag Dr. Jan Boomers ins Naturschutzgebiet. Der Leiter der Biologischen Station Mittlere Wupper informierte über die jüngsten Arbeiten in der Ohligser Heide und über die Zukunft der Nadelbäume.

Die ist für die Fichten düster. „Hier sehen Sie den Klimawandel“, deutete Boomers am ersten Stopp auf deutlich geschädigte Bäume. „Wenn wir nächstes Jahr um diese Zeit hier stehen, werden sie alle tot sein.“ Wegen der Dürrejahre haben die flachwurzelnden Fichten dem Borkenkäfer nichts mehr entgegenzusetzen und müssen gefällt werden – wie schon viele vor ihnen. „Die wichtigste Arbeit ist, die Wege zu sichern.“

Das andere ist, einen Zustand wiederherzustellen, wie er vor 200 oder 300 Jahren in der Ohligser Heide geherrscht hat. „Atlantische Sandlandschaften“ heißt das Projekt der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, das von der EU gefördert wird – in Solingen mit rund 127.000 Euro. Mit Hilfe des Geldes sollen wertvolle Naturräume und die biologische Vielfalt erhalten werden. „In der atlantischen Region ist die Erhaltung der Lebensraumtypen besonders schlecht“, erläutert der Biologe.

In der Heide geht es seit Oktober 2018 um fünf Flächen, die zusammen 4,4 Hektar groß sind. Das gesamte Naturschutzgebiet umfasst 147 Hektar. Vier der fünf Flächen sollen ganz oder teilweise in Feuchtheide umgewandelt, bei zweien der Birkenmoorwald gefördert werden. Das sieht mancher, wie Werner Völker, „zwiespältig“. „Ich bin hier groß geworden“, erzählte der Ohligser, der mit Gisela Rieger an der Exkursion teilnahm und jedes Wochenende mit ihr wandert. Die geschaffenen Freiflächen haben für die beiden zwar ihren Reiz, man fürchtet aber um den Bestand des Freibads.

„Aus Sicht des Naturschutzes müsste es weg“, bestätigt Boomers. „Es liegt genau in der Mitte des Gebiets. Das ist aber eine ganz schwierige Diskussion. Es ist das letzte städtische Freibad, und insgesamt haben wir nur noch zwei. Das gibt dem Ganzen ein anderes Gewicht.“ Also passiert nur etwas außerhalb des Freibads: Dort wird, wie auch an einer anderen Stelle, die spätblühende Traubenkirsche entfernt. „Das war im 19. und 20. Jahrhundert eine Modepflanze“, blickt Boomers zurück. „Sie hält viel Feuchtigkeit aus und sollte nasse Flächen entwässern.“ Die aus Amerika eingeführte Art müsse aber mit den Wurzeln entfernt werden: „Sie treibt enorm stark wieder aus.“

In der Ohligser Heide begann die Renaturierung Mitte der 1980er Jahre. Abgeschlossen wird sie so schnell nicht. „Das ist eine Ewigkeitsaufgabe“, erläutert Boomers. „Man muss immer dranbleiben.“ Die Umwandlung des Waldes werde bestimmt noch zehn oder 15 Jahre dauern. Aktuell geht es um knapp zwei Prozent der Waldfläche. Angestrebt wird, dass später 26 Prozent der Fläche Offenland sind, während 72 Prozent bewaldet bleiben.

„Für mich sind die nächsten zwei Jahre die spannendste Zeit“, erläutert Jan Boomers. Nach dem „Abplaggen“, dem Freilegen der Flächen, gehe es nicht los „wie bei einer Saatgutmischung“. Spätestens nach drei Jahren zeigt sich aber, was im Boden steckt. Dann kommen, wie bei einem schon früher freigelegten Areal östlich des Freibads, beispielsweise wieder Sumpfbärlapp, Glockenheide und Mittlerer Sonnentau zum Vorschein – eine kleine, leuchtend rote fleischfressende Pflanze.

„Bei den Flächen kann man auf die Naturverjüngung setzen“, unterstreicht der Leiter der Biologischen Station. „Jetzt können auch die Birken aussamen.“ Nur bei den Eichen, die abgestorbene Fichten ersetzen sollen, müsse nachgeholfen werden – eventuell im Herbst. Denn überall in den Solinger Wäldern, speziell aber an der Sengbachtalsperre, sei durch das Fichtensterben viel zu tun.

Wer sich das Projekt „Atlantische Sandlandschaften“ vor Ort erklären lassen will, hat dazu noch einmal am 6. Juni Gelegenheit. Dann bietet die Biologische Station eine weitere Führung an. Wer sich alleine auf den Weg macht, findet seit November große Informationstafeln an den Eingängen des Naturschutzgebietes, auf denen das Projekt erklärt wird.

„Es ist aber ganz wichtig, dass man auch wirklich auf den Wegen bleibt und Hunde anleint“, ermahnt Jan Boomers die Wanderer und Spaziergänger. Am Boden brütende Vögel wie der auf der roten Liste stehende Baumpieper seien sonst gefährdet. „Von ihm gibt es nur noch zwei Brutvogelpaare in Solingen.“

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