Landgericht Wuppertal Überraschende Wendung im Schnittert-Prozess

Solingen / Wuppertal · Der des Raubmordes angeklagte Solinger behauptete in seiner Einlassung vor dem Landgericht, eine Seniorin in der Hofschaft Schnittert bei einem Einbruch nicht getötet zu haben.

(mis) Ist es eine durchsichtige Schutzbehauptung, mit der ein 47-jähriger Angeklagter in einer oft verschobenen Einlassung vor dem Landgericht Wuppertal die Schuld am Mord an einer 76-jährigen Rentnerin plötzlich einem Komplizen in die Schuhe schieben will ? Oder hat er sich erst jetzt nach der Hälfte des Prozesses von einem Verschwiegenheits-Versprechen der Ganoven-Ehre gelöst, weil bislang durch Corona-Verzögerungen keine Beratung mit seinem Anwalt möglich war?

Die Aussage des Angeklagten, er sei im Februar mit zwei weiteren Tätern in das Wohnhaus einer 76-Jährigen in der Hofschaft Schnittert eingedrungen, gab dem Raubmord-Prozess eine überraschende Wendung. Einer von beiden soll die Frau erschlagen haben.

Unbestritten ist die Anwesenheit des Drogensüchtigen zur Tatzeit am 7. Februar. Seine DNA fanden die Ermittler an einer Pudelmütze, am wahrscheinlichen Tatwerkzeug, ein Bruchstein, und auch an einer Nachttisch-Tür – soweit der Staatsanwalt. Ob es weitere Spuren gab, die er den möglichen bulgarischen Komplizen „Yussuf“ und „Nassim“ zuzuordnen  könnte, ist nicht bekannt.

Zusammen soll das Trio im Städtedreieck Aufbrüche mittels Schraubenzieher und Gartenschere durchgeführt haben. Zudem seien sie als illegale Baustellenhelfer im Wuppertaler Umfeld beschäftigt worden sein. Ein „Nassim“ ist der Polizei durch Einbrüche bekannt, aber es gibt keine DNA-Identifizierung.

Die ausführliche Tat-Schilderung des Angeklagten, nach der er als Aufpasser erst später ins Haus gekommen sein soll, als er Lärm hörte und die Einlassung, „Nassim“ habe ihm das Erschlagen der alten Dame mit einem Stein gestanden, weil sie ihm unerwartet aus einem anderen Raum entgegenkam, weckte vorerst beim Gericht deutliche Widersprüche.

Weniger zweifelhaft schien der Ablauf nach der Tat. Danach soll die Beute in zwei Rucksäcken und einem roten Seesack-Beutel verstaut worden sein. Im Zug von Solingen nach Wuppertal hätte sich das Trio über die Wagen verteilt, in Wuppertal wurde auf dem kurzen Weg vom Bahnhof zur Schlafstelle ein Teil des Goldschmucks bereits für angeblich 300 € an einer Hehler verscherbelt. Ein großer Teil des Geldes soll einige Meter weiter gleich in Heroin umgesetzt worden sein.

Der Rest des Geldes wurde angeblich unter den Dreien verteilt, der Rest des Schmucks deponiert am Boden einer Abfalltonne, über die dann Bauschutt gepresst worden sein soll. Ein Streit um 0,2 Gramm Heroin habe zur abrupten Trennung des Trios geführt. Der Angeklagte kam bei seinem Bruder unter und wurde dort einige Tage später verhaftet.

Bis zum 18. Februar, dem nächsten angesetzten Verhandlungstermin, wird die Anklage zur Klärung der neuen Situation Überstunden einlegen müssen, um Details auf ihre Wahrheit zu prüfen.

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