Baudenkmäler in Solingen Wasserschloss Hackhausen ist noch heute Familienwohnsitz

Ohligs · Drei Generationen leben auf der Anlage am Stadtrand von Solingen, die auf eine aufregende Geschichte zurückblickt. Eine Erbengemeinschaft arbeitet daran, das Baudenkmal und seine Nebengebäude weiterhin zu erhalten.

Fotos: Impressionen vom Wasserschloss Hackhausen in Solingen
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Rundgang durch das Wasserschloss Hackhausen

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Foto: Peter Meuter

Viel märchenhafter könnte das Bild nicht sein, das sich dem Besucher des Waldstückchens östlich der Bonner Straße bietet: Zwischen den Bäumen taucht es plötzlich inmitten eines Wassergrabens auf – das pittoreske Bauwerk mit dem markanten Mansarddach, dessen Kanten sternförmig in eine achteckige Dachlaterne münden.

Der Anblick regt zweifellos die Phantasie des Betrachters an und lässt an vorfahrende Kutschen denken – und an Bälle, auf denen sich vornehme Damen in bauschigen Kleidern nach dem Tanz Luft zufächeln. Und doch ist dieser verwunschen wirkende Ort letztlich ein ganz reales Wohnhaus für drei Generationen.

„Ich bin hier aufgewachsen, und lebe seit einigen Jahren auch wieder hier“, erzählt Katharina Friedrichs in der mit Marmorfußboden bestückten Eingangshalle. „Hier stand auch schonmal eine Tischtennisplatte“, verdeutlicht Friedrichs, dass die Räume eben nicht nur feierlichen Anlässen vorbehalten sind.

Das gilt auch für den Saal, der hinter dem Flur liegt. Verspielte Stuckelemente und kunstvolle Spiegel prägen die Gestaltung des lichtdurchfluteten Raumes, über den die Gäste die Terrasse erreichen. Seit einigen Jahren wagen hier Paare ihren Hochzeitstanz. Der Saal und andere Räume im Erdgeschoss können für allerlei festliche Anlässe gebucht werden. „Aber wir feiern hier auch gern im Familienkreis Weihnachten“, erklärt Katharina Friedrichs.

Die Erfahrungen, in einem Schloss aufzuwachsen, teilt sie mit ihrer Mutter Ulrike, die ebenfalls in den Räumen lebt – und inzwischen auch mit ihren eigenen Kindern. „Sie finden es schön, hier zu sein“, sagt Katharina Friedrichs. Draußen auf der Terrasse lenkt sie den Blick auf das filigran gearbeitete Geländer: Das stammt eigentlich von der früheren Zugbrücke des Wasserschlosses, die es längst nicht mehr gibt. Ein schmiedeeisernes Tor auf der anderen Seite des Wassergrabens erinnert noch an den früheren Zugang.

Eine Burg, die dem Angriff möglicher Feinde trotzen konnte, gab es hier wohl schon seit dem späten Mittelalter: Erstmals erwähnt ist Hackhausen im Jahr 1342. Aus Dokumenten geht hervor, dass Herzig Adolf VII. von Berg den Hof im Jahr 1411 seinem Bruder Gerhard, Domprobst zu Köln, überließ. Ab dem späten 15. Jahrhundert war er dann im Besitz der Familie Bottlenberg. Dass die damalige Anlage über Türme verfügte, beweisen Funde bei Renovierungsarbeiten.

1772 war das Ende der alten, inzwischen verfallenen Wasserburg gekommen: Die Domherren Steffen Adolph und Carl Abraham von Bottlenberg rissen sie ab – und errichteten am gleichen Ort ein Wasserschloss im Rokokostil mit bergischen Einflüssen. Es hielt sich gut ein Jahrhundert. Dann überließ ein Erbe der Familie das Schloss einem Pächter. Der setzte es 1887 in Brand – und wurde schließlich als Versicherungsbetrüger entlarvt. Dach und Obergeschoss waren ein Raub der Flammen geworden.

Das Gut aber kaufte im Jahr 1893 der Kölner Kaufmann August von Recklinghausen. Und er ließ das Schloss im Jahr 1907 wiederaufbauen – nach Plänen des Architekten Paul Schultze-Naumburg, aus ­dessen Entwurf unter anderem Schloss Cecilienhof in Potsdam hervorging. Stilistisch orientierte er sich am Vorgängerbau. Die Zugbrücke verschwand allerdings und wurde durch den heutigen Eingang auf der gegenüberliegenden Seite ersetzt.

Manch ein Raum im Haus hat sich gestalterisch seither nicht verändert und wirkt wie ein Blick in die Geschichte: Da ist zum Beispiel die heute als Speisesaal genutzte Bibliothek, in deren Regal noch immer alte Bücher mit verschnörkelter Aufschrift stehen. Oder ein Schlafraum der Erbauer, mit Holzvertäfelung und Jugendstiltapete.

„Es war ein belebtes Haus“, erinnert sich Ulrike Friedrichs an ihre Jugend. Seit ihrem achten Lebensjahr ist die geborene von Recklinghausen im Schloss zuhause. „Es war das Elternhaus meines Vaters“, erklärt sie. Beinahe hätte die Familie das Schloss als Wohnsitz am Ende des Zweiten Weltkriegs aufgeben müssen: Damals wollte die US-Armee Soldaten im noblen Gebäude unterbringen, in dem zu dieser Zeit viele Verwandte und Freunde der von Recklinghausens wohnten.

Da griff Ulrike Friedrichs Stief-Großmutter zu einer List: Sie trug den mehr als ein Dutzend Kindern des Hauses auf, möglichst viel „herumzuwuseln“. Sogar das elegante Treppenhaus, das ansonsten tabu war, durften sie bespielen. Dann behauptete die Hausherrin, das Schloss werde als Heim für Kinder ohne Unterkunft genutzt. Das brachte die Pläne der Alliierten ins Wanken. Als dann auch noch eine Bekannte mit jüdischer Abstammung davon berichtete, wie man ihr im Wasserschloss Zuflucht vor den Nationalsozialisten gewährt hatte, ließen die US-Amerikaner endgültig vom Kleinod im Hackhauser Wäldchen ab.

Heute ist das Anwesen im Besitz einer elfköpfigen Erbengemeinschaft. Sie arbeitet daran, dass das seit 1984 auf der Denkmalliste stehende Schloss und die Nebengebäude auch weiterhin erhalten bleiben: In Kürze stehen verschiedene, von Land und Bund geförderte Baumaßnahmen an. Dazu zählen die statische Sicherung der Brücke, der Wiederaufbau der teilweise eingestürzten Teichmauer und die Sanierung des alten Gewächshauses.

 Das Wasserschloss Hackhausen mit seinen Nebengebäuden zählt zu den imposantesten Denkmälern in Solingen.

Das Wasserschloss Hackhausen mit seinen Nebengebäuden zählt zu den imposantesten Denkmälern in Solingen.

Foto: Peter Meuter
 ▷ Im Flur hängen zwei Gussplatten aus dem Jahr 1849, die  ehemals in einer Küche plaziert waren.

▷ Im Flur hängen zwei Gussplatten aus dem Jahr 1849, die  ehemals in einer Küche plaziert waren.

Foto: Peter Meuter
 ◁ Imposant:  das elegante Treppenhaus mit Holzgeländer und rotem Teppich auf den Stufen.

◁ Imposant: das elegante Treppenhaus mit Holzgeländer und rotem Teppich auf den Stufen.

Foto: Peter Meuter
  ▽  Hingucker sind die vielen verspielten Stuckelemente.

▽ Hingucker sind die vielen verspielten Stuckelemente.

Foto: Peter Meuter
 ▽ Standesgemäß wird der Salon als Esszimmer genutzt.

▽ Standesgemäß wird der Salon als Esszimmer genutzt.

Foto: Peter Meuter
 Ulrike Friedrichs sowie Tochter ­Katharina mit ihren Kindern wohnen in Hackhausen.

Ulrike Friedrichs sowie Tochter ­Katharina mit ihren Kindern wohnen in Hackhausen.

Foto: Peter Meuter

Freude am historischen Bauwerk könnten übrigens nicht nur Fest­- und Tagungsgesellschaften haben – sondern auch jugendliche Bastelfreunde: Denn für all jene wurde im Umfeld der Familie ein Modellbogen entwickelt, der im Schloss erhältlich ist.

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