Ansichtssache Solingen wächst – allerdings nicht bei den Arbeitsplätzen

Meinung · In der Klingenstadt gibt es zu wenig Arbeits- und Ausbildungsplätze. Viele müssen deshalb in Nachbarstädte pendeln.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Die Einwohnerzahl von Solingen wächst. Das ist gut, denn mehr Menschen in der Stadt sorgen für Belebung und für mehr Konsum. Sie brauchen allerdings bezahlbaren Wohnraum in jeder Kategorie. Die Immobilienpreise steigen zwar bereits kräftig an, im Vergleich zu den nahen Metropolen ist Solingen aber immer noch „preiswert“. Und sollten die Zuzügler nicht nur zum Schlafen in die Klingenstadt kommen, dann braucht es auch ausreichend Arbeitsplätze. Doch daran hapert es. Denn die Arbeitsplatzdichte in der Klingenstadt ist im Vergleich zu Remscheid und Wuppertal deutlich geringer. Für die 103.006 erwerbstätigen Solinger im Alter zwischen 15 und 65 Jahren gibt es lediglich 53.213 Arbeitsplätze am Ort. Viel zu wenig, und das führt dazu, dass viele Solinger sich außerhalb der Stadt einen Arbeitsplatz suchen müssen.

Weniger Arbeitsplätze bedeuten aber auch weniger Ausbildungsplätze für junge Leute. Von daher verwundert es nicht, dass Solingen hier das Schlusslicht im Bergischen ist. Für 917 Jugendliche standen zu Beginn des laufenden Ausbildungsstellenjahres nur 585 Ausbildungsplätze bereit. Der Appell der Partner des Ausbildungskonsenses zur Halbzeit des Ausbildungsstellenjahres in dieser Woche ist deshalb klar: Solinger Unternehmen müssen mehr Lehrstellen zur Verfügung stellen.

Das klappt aber nicht von heute auf morgen. Weil das so ist, suchen viele junge Leute außerhalb von Solingen einen Ausbildungsplatz und werden dort zumeist fündig. Die Bereitschaft, sich entsprechend flexibel zu zeigen und längere Anfahrtswege zur Ausbildungsfirma in Kauf zu nehmen, ist groß und eigentlich auch alternativlos. Dabei zeigen jüngste Umfragen, dass es Wunsch vieler Jugendlicher ist, dass der Ausbildungsbetrieb lediglich sechs Minuten entfernt und damit fußläufig erreichbar sein sollte. Derlei Wünsche kann man haben, sie werden aber nur in den seltesten Fällen in Erfüllung gehen.

Die Stadt selbst ist ein großer Arbeitgeber. Die Verwaltung, das Klinikum oder unter anderem die Technischen Betriebe gehören dazu. Das sind aber alles Bereiche zur Daseinsvorsorge. Die Stadt kann aber keine Arbeitsplätze im Stil von Industrieunternehmen oder Dienstleistern schaffen. Sie kann aber gemeinsam mit der Politik nachhaltig dafür sorgen, dass stets ausreichend Gewerbeflächen vorhanden sind, um Unternehmen Grundstücksangebote zu unterbreiten, damit sie sich erweitern können und neue Arbeitsplätze schaffen.

Gelingt das nicht, wird Solingen zur „Schlafstadt“. Und die Abwanderung junger Leute hält an. Denn einmal zur Ausbildung in einer anderen Stadt, besteht die Gefahr, dass sie dort bleiben, weil sie nach der Ausbildung dort eine Arbeitsstelle gefunden haben.

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