Ausbildungsmarkt Solingen bleibt Sorgenkind

Solingen · Gegenüber Wuppertal und Remscheid ist die Ausbildungsbereitschaft Solinger Unternehmen geringer. Zum Ende des Ausbildungsstellenjahres 2017/18 sind in der Klingenstadt obendrein längst nicht alle Lehrstellen besetzt.

 Ernst Greiser (r.) hat Firuz Hotamov (Mitte) als Auszubildenden eingestellt. Gemeinschaftsarbeit ist hier gefragt.

Ernst Greiser (r.) hat Firuz Hotamov (Mitte) als Auszubildenden eingestellt. Gemeinschaftsarbeit ist hier gefragt.

Foto: Meuter, Peter (pm)

Ernst Greiser war anfangs skeptisch, ob er Firuz Hotamov eine Berufschance geben soll. Er befürchtete Sprachschwierigkeiten bei dem jungen Mann aus Tadschikistan, doch nach einem ersten Gespräch hat ihn der Inhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebes ein Einstiegspraktikum angeboten. „Ich konnte sehr schnell feststellen, wie geschickt er Anweisungen umsetzte“, sagt Ernst Greiser. Nach dem Praktikum folgte die geförderte Einstiegsarbeit für den Vater von drei Kindern, am 1. September dieses Jahres bot Greiser Firuz Hotamov eine Ausbildung zum Gärtner Fachrichtung Landschaftsbau an. „Er hat sich gut entwickelt und die Agentur für Arbeit hat sich sehr gut eingebracht“, lobt der Solinger Unternehmer auch mit Blick auf Sprachkurse, die Firuz Hotamov bei der Volkshochschule absolviert hat.

Für Ernst Greiser und seinem Schützling, der seit 2016 in Solingen ist, ist es aber weiter ein Problem, dass Hotamov immer noch keinen gesicherten Aufenthaltsstatus hat. „Es wäre wünschenswert, wenn die Politik sich klar äußern würde“, erklärt Greiser. Während der dreijährigen Ausbildung hat der Auszubildende zwar jetzt einen Aufenthaltsschutz, doch ginge es nach Ernst Greiser und auch der Agentur für Arbeit, sollten Flüchtlinge, die Fuß gefasst haben, einen sicheren Status bekommen.

Von „erfolgreicher Integration“ spricht jedenfalls der Chef der Arbeitsagentur, Martin Klebe, bei Firuz Hotamov, der viel Unterstützung auch in der Berufsschule erhält und kürzlich den Führerschein erwarb und sich ein Auto gekauft hat. „Insgesamt ist es schwer für uns, Auszubildende zu finden“, sagt Ernst Greiser. Ein Problem, das er mit vielen anderen klingenstädtischen Unternehmen teilt.

Denn im Ausbildungsstellenjahr 2017/18, das am 1. Oktober vergangenen Jahres begann, sind aktuell noch 81 Lehrstellen unbesetzt. Auf der anderen Seite gibt es noch 93 unversorgte Bewerber. „Solingen ist im Bergischen Städtedreieck Schlusslicht, was die Relation zwischen Bewerbern und Stellen angeht“, erklärt Martin Klebe. Denn auf 100 Bewerber kommen hier 58 Stellen. In Remscheid sind es 89 Stellen, in Wuppertal noch 71 für 100 Bewerber. Unter den Bewerbern im Städtedreieck befanden sich auch 232 Personen mit Fluchthintergrund. 76 davon, so Klebe, nahmen eine Ausbildung auf.

Für Carmen Bartl-Zorn, bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) für Aus- und Weiterbildung zuständig, „bleibt der Solinger Ausbildungsmarkt aber weiter ein Sorgenkind“. Denn im IHK-Bezirk wurden bislang sechs Prozent mehr Ausbildungsverträge gegenüber dem Vorjahr abgeschlossen. Vor allem Wuppertal und Remscheid sorgen für den Aufschwung. „In Solingen gibt es im Vergleich zum Vorjahr aber zehn Prozent weniger Verträge“, sagt Bartl-Zorn.

Sie appelliert an die Unternehmen, sich bei den Bewerbern bekannt zu machen. Denn, bekommen die Firmen ihre Ausbildungsplätze nicht besetzt, bedeutet das für die Zukunft einen „massiven Fachkräftemangel“. Die Unternehmen seien gefordert, und Agentur-Chef Martin Klebe ergänzt: „Über 40 Prozent der Solinger Jugendlichen absolvieren ihre Ausbildung außerhalb der Klingenstadt.“

Auch das Handwerk klagt über eine Vielzahl von unbesetzten Lehrstellen. „Trotz aller Bemühungen ist es schwer, die Ausbildung an den Mann beziehungsweise die Frau zu bekommen“, meint Sascha Bomann von der Kreishandwerkerschaft Solingen-Wuppertal. Zwar konnten in Solingen gegenüber dem Vorjahr 21 Ausbildungsverträge mehr abgeschlossen werden, doch unter dem Strich gibt es weiter zu wenig Interessenten, die sich für einen Handwerksberuf begeistern.

Dabei, so Bomann, bestünden hier beste Zukunftsperspektiven, andererseits ist die Unkenntnis über die verschiedenen Berufsfelder weiter hoch. „Viele Handwerksunternehmer gehen bald in den Ruhestand und haben keinen Nachfolger“, weiß Sascha Bomann.

Für ihn, Carmen Bartl-Zorn und Martin Klebe ist deshalb klar, die Vorteile einer betrieblichen Ausbildung auch gegenüber einem Studium klarer als bisher herauszustellen. „Die Jugendlichen sollten die vielfältigen Beratungsangebote nutzen“, sagt Martin Klebe. Sascha Bomann findet: „Ausbildung ist der Königsweg.“

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